Das früher im Chemieunterricht einfach durchzuführende Eintauchen der Teststreifen zum pH Messen ist in der Labortechnik nicht ausreichend, zumal verschiedene Einflussfaktoren berücksichtigt werden müssen.
pH Messen als komplexer Vorgang?
Die meisten kennen das PH Messen aus dem Chemie- oder Biologieunterricht in der Schulzeit oder in den entsprechenden Kursen im Studium. Auch in der Labortechnik sowie in vielen Bereichen der Industrie ist das pH Messen an der Tagesordnung. Moderne Geräte nutzen eine Elektrode, um die Messung des pH-Wertes so präzise wie möglich werden zu lassen, wobei diese Elektrode im Alltag immer häufiger in Form einer Glaselektrode zum Einsatz kommt.
Dennoch ist das pH Messen bei Weitem nicht so einfach oder wenig anfällig für Fehler, wie es auf den ersten Blick scheint. Die meisten Anwender wissen um die verschiedenen Einflussfaktoren, die zu berücksichtigen sind und doch ist die Herausforderung der Messung in unterschiedlichen Umgebungen immer noch, genau diese Faktoren zu definieren.
Beim pH Messen geht es um die Bestimmung der Wasserstoffionenkonzentration, was bedeutet, dass eine Veränderung der Ionenkonzentration auch zwangsläufig zu einer Veränderung des pH-Wertes führt. Moderne Glaselektroden haben herkömmliche Teststreifen längst abgelöst und stehen in verschiedenen Varianten zur Verfügung.
Sie sollten je nach notwendiger Anwendung gewählt werden, wobei vor allem das Referenzsystem zu berücksichtigen ist. Auch das Membranglas sowie das Diaphragma spielen eine entscheidende Rolle. Außerdem: Für die Auswahl des passenden pH-Messgerätes ist der Messbereich wichtig, in dem der pH-Wert gemessen werden soll.
Video: Chemie und pHysik – pH-Wert
Bitte beim pH Messen bedenken
Die folgenden Hinweise für das pH Messen helfen dabei, belastbare Daten zu sammeln und die pH-Messung sicher und genau durchzuführen:
- Kalibrierung mit zwei Pufferlösungen durchführen (diese müssen den zu messenden Bereich umschließen und wenigstens zwei pH-Einheiten auseinanderliegen)
- Kalibrierung über theoretischen Wert auf Genauigkeit kontrollieren
- Kontrolle der Messtemperatur
- Dokumentation von pH-Wert in Kombination mit Messtemperatur
- für Sauberkeit bei Glaselektroden sorgen
- Glaselektroden nach Gebrauch mit entsalztem Wasser abspülen
- Pufferlösungen müssen nach DIN hergestellt werden
- Kalibrieren nur in kleinen Teilmengen der Pufferlösungen
pH Messen: Einflussgrößen definieren
Ob es nun darum geht, den pH-Wert optisch über pH-Indikatoren zu messen oder ihn durch Elektroden zu bestimmen: Die Einflussgrößen, die den Wert verändern können, müssen bekannt sein und beachtet werden. Zum einen spielt Sauberkeit eine wichtige Rolle, denn die Elektrode muss sauber sein, damit sie genaue Messwerte anzeigen kann.
Daher auch der oben genannte Tipp, die Elektroden nach Gebrauch mit vollentsalztem Wasser zu spülen. Des Weiteren ist die Temperatur wichtig, auf die als Einflussfaktor gleich noch näher eingegangen werden soll.
Der Hintergrund dazu ist, dass die Wasserstoffionen in Abhängigkeit von der Temperatur unterschiedlich aktiv sind und dementsprechend unterschiedliche Spannungen vorliegen können. Auch der Salzgehalt spielt eine Rolle und muss beim pH Messen berücksichtigt werden. pH-Indikatoren sind immer nur so genau wie die Rahmenbedingungen, unter denen gemessen wird!
Aspekte rund um die Temperatur als Einflussfaktor
Angesichts der Vielzahl an modernen Geräten, die das PH Messen zum Kinderspiel werden lassen und das Ergebnis digital anzeigen sowie speichern können, wird oftmals vergessen, dass es sich eigentlich um einen sehr komplexen Vorgang handelt, wenn die pH-Messung in einer Lösung vorgenommen wird.
Wichtig zu berücksichtigen: Die Spannung einer Messkette verändert sich, wenn sich die Temperatur verändert. Die Nernst’sche Gleichung beschreibt dieses pHänomen gut und ermöglicht es dem Anwender, das Potenzial der Elektrode (U) über verschiedene Variablen und Konstanten zu berechnen, wobei das Standardpotenzial der Elektroden genutzt wird.
Es wird mithilfe dieser Gleichung nach einer Steilheit der Messkette gesucht, die durch die Berechnung zumindest theoretisch gefunden werden kann. Das Ergebnis der Gleichung ist der Nernst-Faktor, der wiederum abhängig von der Temperatur ist und zwischen 54,20 mV/pH und 74,04 mV/pH variiert. Der kleinere Wert liegt bei 0 °C vor, der höhere, zweite Wert bei 100 °C.
Die Formel nähert sich dem Thema allerdings sehr theoretisch, denn in der Praxis kommt es niemals vor, dass die errechnete Steilheit der Messkette mit der Realität genau übereinstimmt. Vor allem bei stark gealterten Ketten zeigt sich die Abhängigkeit von der Temperatur enorm. Wird nun im Versuch die Spannung bei verschiedenen Temperaturen an der Messkette ermittelt, ergibt sich eine Kennlinie für jede Temperatur.
Man spricht vom Isothermenschnittpunkt, wenn die Kennlinien bei konstanter Temperatur gemessen werden und sich schneiden. Wenn nun versuchsweise viele Messungen durchgeführt werden und dabei immer wieder andere Temperaturen zugrunde liegen, steht am Ende ein ganzes Feld der hierbei ermittelten Isothermenschnittpunkte. Die Geräte, die zum pH Messen eingesetzt werden, müssen die Temperaturen daher bestenfalls kompensieren.
Temperaturen beim pH Messen kompensieren?
Die Geräte, die zum pH Messen angewendet werden, berücksichtigen die Temperaturänderungen. Zumindest gehen sie von der theoretischen Steilheit der Messkette aus und beachten diese bei der Temperaturkompensation. Hier kommt der Nernst-Faktor zur Anwendung: Findet die Kalibrierung des Messgerätes bei einer Temperatur statt, die Messung dann aber bei einer anderen, so passt die Kompensation die Steilheit entsprechend des Nernst-Faktors an.
Zeigt sich dabei ein nicht ideales Verhalten der Steilheit, wird dieses ebenso wenig erfasst wie das des Nullpunkts. Geht es lediglich um Anwendungen, die wenig oder gar nicht kritisch sind, ist das nicht erheblich und kann vernachlässigt werden. Geht es jedoch darum, eine höchstmögliche Genauigkeit zu erzielen und finden Messungen und Kalibrierung in stark unterschiedlichen Temperaturen statt, ist die Neukalibrierung nötig. Diese muss mit Pufferlösungen für die gesamte Messkette und für jede Temperatur durchgeführt werden. Dabei findet die Kalibrierung bei der immer gleichen Temperatur statt.
Die Temperaturgänge in Pufferlösungen waren bereits Bestandteil der Untersuchungen in metrologischen Instituten. DIN Pufferlösungen bauen dabei auf der DIN 19266 auf und sind genau nach dieser spezifiziert worden. Die Puffer zeigen ein Temperaturverhalten, das Experten mittlerweile bekannt ist. Erkennbar wird bei einer genauen Betrachtung des Temperaturverhaltens, dass der pH-Wert bei steigenden Temperaturen fällt oder steigt. Das genaue Verhalten hängt vom Puffer ab, was erklärt, warum dieser genau bekannt sein muss, wenn das pH Messen möglichst präzise sein soll.
Werden hingegen andere (technische) Puffer statt der DIN-definierten Pufferlösungen eingesetzt, zeigen diese ein anderes Verhalten bei sich ändernden Temperaturen. Ihre Zusammensetzungen sind nicht genormt und können daher je nach Hersteller variieren. Fehlmessungen sind möglich, wenn die Temperaturgänge in diesen Pufferlösungen nicht bekannt sind und demzufolge auch nicht beachtet werden können.
Wichtig: Die genaue Temperatur der pH-Messung muss immer angegeben werden! Der Grund: Die Aktivität der Wasserstoffionen und ihre Abhängigkeit von den jeweiligen Temperaturen ist so gut wie nie bekannt und kann damit auch nicht kompensiert werden. Die Umrechnung auf eine Referenztemperatur wie bei der Messung der Leitfähigkeit ist nicht durchführbar.
Es ist ebenfalls nur selten möglich, einen Vergleich von pH Werten durchzuführen, wenn diese bei unterschiedlichen Temperaturen genommen worden sind. Dies begründet auch die Unterschiede beim pH Messen im Labor und bei der betrieblichen Messung. Bei Letzterer ist die Temperatur oft erhöht und die Messung wird daher bei anderen Bedingungen vorgenommen als im Labor.
Video: Was bedeutet pH-Wert? Was heißt sauer oder basisch? | PCE Instruments
PH Messen in der Praxis: Ein Beispiel aus der Lebensmitteltechnik
Die verschiedenen Einflussfaktoren auf den pH Wert müssen in allen Anwendungsbereichen berücksichtigt werden und spielen auch bei der Lebensmitteltechnik eine Rolle. Es wird erwartet, dass die Produkte die immer gleiche Qualität besitzen, bestenfalls werden sie im Laufe der Zeit immer weiter verbessert. In der Lebensmitteltechnik spielen belastbare Daten eine besondere Rolle, denn sie sollen die Sicherheit der Produkte sowie deren Qualität gewährleisten.
Dies erklärt, warum in den Produktionsbereichen zum Beispiel der Wursthersteller nach neuen Lösungen gesucht wurde, die eine Resistenz gegen sich verändernde Temperaturen aufweisen und in denen das pH Messen auch ihn essigsaurer Atmosphäre möglich ist. Damit soll es möglich sein, auf spezielle Bedingungen in der Herstellung von Wurstwaren zu reagieren.
Bei der Herstellung von Aspik-Produkten kommt es auf verschiedene Faktoren an: Gewürze, Essig, Wasser und Gelatine werden vermischt und stark erhitzt. Temperaturen von 75 bis 90 °C sind hier üblich. Der pH-Wert spielt eine tragende Rolle, denn er entscheidet letzten Endes über den Geschmack des fertigen Produkts und ist zudem für die gebotene Hygiene ausschlaggebend.
Er muss daher konstant überwacht werden. Der PH-Wert muss während des gesamten Produktionsprozesses möglichst sauer sein, denn damit wird die Keimbelastung durch mikrobielle Einflüsse gehemmt. Vor allem stehen Laktobazillen im Fokus, deren Ausbreitung unbedingt verhindert werden muss. Die Schwierigkeit bei allen Maßnahmen besteht darin, dass nichts einen Einfluss auf Optik und Sensorik des Endprodukts haben darf.
Die bisher üblichen pH-Meter wurden durch neue Messgeräte ersetzt, die während der Herstellung des Aufgusses zum Einsatz kamen. Der Messbereich von 60 bis 65 °C war ebenso einzuhalten wie der pH Wert von zwei bis vier. Der Säuregehalt konnte über die Zugabe von Essig geregelt werden. Früher wurden die Messgeräte durch den Essigdampf, der bei der Produktion aufstieg, stark angegriffen.
Neue Geräte sind speziell versiegelt und können damit während der gesamten Produktion eine präzise und zuverlässige Messung abliefern. Der Verschleiß der Messgeräte sank damit drastisch, was wiederum zu Kosteneinsparungen beim Hersteller führte. Die Spezialversiegelung wurde nach anfänglichen Tests daher auch auf andere Messgeräte in der Produktion übertragen.
Um nun die Messungen so effizient wie möglich zu gestalten, sind Kombinationsmessgeräte eine gute Wahl. Sie lassen zum einen die Messung der Temperatur zu, zum anderen können mit ihnen pH-Werte ermittelt werden.
Die Temperatur wird mithilfe eines Einstichthermometers gemessen, das nicht nur in der Wurst- und Fleischverarbeitung, sondern in nahezu allen Bereichen der Lebensmittelproduktion zum Einsatz kommt. Doppellösungen können hier zum Einsatz kommen und messen sowohl Temperatur als auch pH Wert in einem Durchgang.
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