Wer eine Abmahnung wegen Filesharing aus dem Internet erhält, steht der Sache oft erst einmal planlos gegenüber. Was ist passiert? Muss ich die geforderten Kosten zahlen? Ich bin doch nur der Anschlussinhaber und habe nichts aus dem Netz heruntergeladen – kann ich dennoch belangt werden? Das sind nur einige Fragen, die sich der Abmahnungsempfänger stellt. In diesem Ratgeber erklären wir einige wichtige Punkte zur weiteren Vorgehensweise.
Was ist Filesharing?
Die wichtigste Erklärung gleich vorab: Beim Filesharing warden Dateien verschiedener Art unter den Nutzern ausgetauscht. Es handelt sich also um eine Tauschbörse, bei der Daten auf dem eigenen Computer für andere Nutzer bereitgestellt werden. Diese können die Dateien downloaden, was nicht selten zur Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material führt. Die Dateien können als Text-, Audio- oder Videodateien zur Verfügung stehen, auch ganze Bücher oder Softwares werden zum Tauschen angeboten. Die Daten werden auf dem Zielcomputer gespeichert bzw. installiert. Dafür gibt es eine spezielle Software, die die Filesharing-Anfrage an einen Server startet. Die Software nennt dann Möglichkeiten, wie und wo die gesuchte Datei heruntergeladen werden kann. In dem Moment, in dem die Datei heruntergeladen wird, können auch andere Nutzer mit dem Download derselben beginnen. Dies ist ein automatischer Vorgang, der nicht in jedem Fall überhaupt bemerkt wird. Im Rechtsdeutsch ist hier von der „öffentlichen Zugänglichmachung“ die Rede, genau dieser Passus wird im Abmahnschreiben verwendet.
Begriffsklärung: Abmahnung und Filesharing-Abmahnung
Abmahnungen sind Möglichkeiten, ohne Anrufung eines Gerichts einen rechtlichen Disput auszutragen. Vor allem die Musik- und Filmindustrie macht von dieser Variante massiv Gebrauch, da sie am meisten vom Filesharing betroffen ist. Der Empfänger bekommt ein Abmahnschreiben durch einen Rechtsanwalt zugestellt, in dem die konkrete Urheberrechtsverletzung genannt wird. Außerdem ist hier eine Aufforderung enthalten, eine Unterlassungsverpflichtungserklärung zu unterzeichnen. Gleichzeitig werden Kosten zur Zahlung aufgeführt, die sich zum Beispiel auf Anwaltsgebühren und Schadenersatzsummen beziehen. Meist handelt es sich hier um mehrere Tausend Euro, die gefordert werden.
Filesharing ist an sich nicht illegal, denn das Tauschen von Dateien ist im Prinzip auch auf legalem Weg möglich. Wichtig ist, dass die Rechteinhaber dem Tausch zustimmen müssen. In den Tauschbörsen ist das aber meist nicht der Fall, daher sind diese in der Regel nicht legal. Es gibt zwar theoretisch die Möglichkeit, eine Privatkopie (nach § 53 UrhG) zu ziehen, dann müssen die getauschten Dateien aber innerhalb des häuslichen Bereichs oder im engsten Freundeskreis bleiben. Filesharing-Dienste jedoch bieten einer unbegrenzten Anzahl von Nutzern die Inhalte an. Damit handelt es sich nicht mehr um private Kopien.
Drei Punkte in der Filesharing-Abmahnung
Die Filesharing-Abmahnung besteht zum Einen aus dem Abmahnschreiben, in welchem dargestellt wird, welche Rechte genau verletzt wurden. Außerdem werden die Rechteinhaber genannt, was zum Beispiel Filmstudios oder Plattenfirmen sein können. Sie werden durch eine Kanzlei vertreten, die sich im Schreiben ebenfalls kurz vorstellt.
Die Filesharing-Abmahnung besteht überdies aus der Kostenaufstellung. Abmahnkosten und Schadensersatz werden genannt – der Abgemahnte soll dem Schreiben entsprechend die Kosten für den Rechtsanwalt und für den aus der Rechteverletzung entstandenen Schaden, berechnet nach sog. Lizenzanalogie, übernehmen.
Der dritte Bestandteil ist die Unterlassungsverpflichtungserklärung. Diese soll der Abgemahnte unterzeichnen – doch dies ist der gefährlichste Teil des gesamten Vorgangs.
Ob die Forderungen berechtigt sind oder nicht, sollte eine spezialisierte Kanzlei prüfen. Oft sind die Kosten viel zu hoch gegriffen und ein Schadensersatz wäre gar nicht zu zahlen. Wer auf die Hilfe des Anwalts verzichtet, zahlt meist drauf.
Die Unterlassungserklärung
Die Unterlassungserklärung ist bereits vorformuliert und in der Regel dem Abmahnschreiben beigefügt. Hierin verpflichtet sich der Empfänger des Schreibens, das Verhalten, welches an dieser Stelle abgemahnt wird, zukünftig zu unterlassen. Verstößt er gegen diese Verpflichtung, kann eine Vertragsstrafe fällig werden, die oft nicht unter 5000 Euro liegt. Dabei geht es bei dieser Summe um jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung! Natürlich soll diese Erklärung dem Mandanten den größtmöglichen Nutzen bringen und steht keinesfalls im Interesse des Abmahnungsempfängers. Gewiefte Anwälte treffen hier sehr gute Formulierungen, die den Abgemahnten regelrecht „festnageln“. Wichtig: Der Empfänger ist rechtlich nicht dazu verpflichtet, dieses Schreiben zu unterzeichnen! Damit das finanzielle Risiko minimiert wird, sollten alle Punkte durch einen Rechtsanwalt geprüft und am besten in abgemilderter Form neu formuliert werden. Zahlreiche Punkte können modifiziert und angepasst werden, sodass sich der Schaden für den Abgemahnten in Grenzen hält. Wer die Unterlassungserklärung in vorliegender Form unterschreibt, unterzeichnet damit auch sein Schuldeingeständnis und muss sämtliche Konditionen erfüllen, die hier aufgeführt werden. Eine anwaltliche Beratung kommt dann zu spät.
Fristen für die Filesharing-Abmahnung
Oft sind die im Abmahnschreiben erwähnten Fristen sehr kurz – für eine angemessene Reaktion bleibt dann oft nur wenig Zeit. Allerdings sind die Fristen hier oft bewusst sehr knapp gehalten, damit der Betroffene kaum Zeit zum Modifizieren der Konditionen bekommt. Im Wettbewerbsrecht sind teilweise Fristen von wenigen Stunden möglich, was sogar rechtens ist. Im privaten Bereich wird es sich in der Regel um Fristen von fünf bis zehn Tagen handeln.
Allerdings gibt es auch die Möglichkeit der Verjährung. Ansprüche können dann nicht mehr geltend gemacht werden, auch wenn sie vielleicht berechtigt sind. Normale Forderungen wie die Abmahnkosten verjähren nach drei Jahren. Lediglich das Amtsgericht Itzehoe hat in seinem Urteil mit dem Az. 92 C 64/14 eine Verjährung nach zehn Jahren als angemessen betitelt. Inzwischen gehen mehrere Amtsgerichte von einer Verjährungsfrist von 3 Jahren aus. Wichtig: Die Fristen beginnen erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Verstoß und der (angebliche) Schuldner dem Gläubiger bekannt werden. Das Datum des Abmahnschreibens ist dafür also nicht maßgeblich. Abgelaufene Abmahnkosten müssen die Empfänger nicht mehr zahlen, auch wenn viele Kanzleien und deren Anwälte versuchen, per Mahnbescheid die Kosten noch einzutreiben. Vor Gericht haben diese Mahnschreiben keinen Bestand mehr, wenn man sich dagegen wehrt!
Unterlassungsklagen möglich
Unterlassungsklagen sind zwar selten, aber möglich. Gibt der Abgemahnte keine Unterlassungserklärung ab – auch keine modifizierte Variante -, so kann ein Gerichtsverfahren angestrebt werden. Weitaus häufiger als wegen der fehlenden Abgabe dieser Erklärung sind Gerichtsverfahren um die Abmahnkosten. Klagen sind nur von einem kleinen Teil der Betroffenen zu fürchten, was mit der Menge der Abgemahnten zu tun hat. Allerdings sind in der Vergangenheit vermehrt Urteile zugunsten der Abmahnenden ergangen, daher ist mit einem Anstieg der Klagen zu rechnen.
Was tun bei Erhalt einer Filesharing-Abmahnung?
Kommt eine Filesharing-Abmahnung ins Haus, sind viele Betroffene erst einmal kopflos. Wichtig ist, in jedem Fall Ruhe zu bewahren und die Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht ungeprüft zu unterzeichnen. Allerdings sollte sofort ein Anwalt aufgesucht werden, der sich dieser Erklärung annimmt und sie abwandelt. Wird auf die Abgabe der Erklärung gänzlich verzichtet, kann das eine teure einstweilige Verfügung nach sich ziehen.
Die modifizierte Erklärung muss immer noch rechtsverbindlich sein, es darf aber keine Rechtspflicht anerkannt werden, weil das auch als Zeugnis gegen sich selbst angesehen werden kann. In den meisten Fällen sind die Erklärungen viel zu weit gefasst und es wird beispielsweise gefordert, den Download sämtlicher Werke des Rechteinhabers zu unterlassen. Zudem wird oft eine feste Summe an Abmahnkosten und Schadensersatz genannt – dieser Passus sollte besser derart abgewandelt werden, dass die Höhe der Summe durch die Unterlassungsgläubigerin festgesetzt wird („nach billigem Ermessen“) und dass bei einem Streitfall eine Überprüfung der Summe durch das zuständige Gericht vorgenommen wird. Schuldanerkenntnisse sollten keinesfalls unterschrieben werden, diese beziehen sich zum Beispiel häufig auf die Übernahme der Anwaltskosten.
Wichtig ist überdies, dass zuerst überprüft wird, ob eine Verletzung des Urheberrechts vorliegt oder nicht. Dazu kommt, dass der Anschlussinhaber nicht zwingend selbst der Schuldige sein muss – auch dass muss genau überprüft werden. In vielen Fällen bestehen gute Chancen, die Forderungen abzuwehren, wenn zum Beispiel Familienmitglieder vom Anschlussinhaber unbemerkt den Download durchgeführt haben. Seitens des Bundesgerichtshofs gibt es hierzu bereits ein Urteil.
Kostenregelung bei Gebühren
Gemäß § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG wurden die Anwaltskosten in solchen Fällen im Ergebnis auf 124 Euro gedeckelt. Damit wurden aber auch die Abmahnkosten bezüglich des Rechtsanwalts begrenzt. Der Bundestag hat mit diesem sogenannten Anti-Abzock-Gesetz dafür gesorgt, dass Verbraucher vor unnötig hohen Kosten bei Abmahnungen geschützt werden. Gleichzeitig werden an Abmahnungen aus dem Urheberrecht besondere Anforderungen gestellt: Sie müssen den Namen des Rechteinhabers (dessen Rechte verletzt wurden) enthalten sowie die genaue Bezeichnung der Urheberrechtsverletzung. Außerdem ist es erforderlich, etwaige Zahlungsansprüche genauestens aufzuschlüsseln. Wird eine Unterlassungsverpflichtungserklärung beigefügt, muss erklärt werden, warum diese über die Rechteverletzung hinausgeht. Das ganze Schreiben ist nicht wirksam, wenn diese Anforderungen nicht erfüllt sind. Pauschale Anforderungen müssen seitens des Abmahnempfängers nicht getragen werden, beispielsweise muss eine Trennung zwischen Schadensersatz- und Rechtsanwaltskosten erkennbar sein. Bei Nichterfüllung dieser Anforderungen kann der Abgemahnte sogar seinen Anwalt damit beauftragen, eine Gegenabmahnung zu verfassen und diese dem Gegner zuzustellen. Die Kosten dafür können ebenso zur Erstattung verlangt werden. Dieser Kostenanspruch kann auch dann geltend gemacht werden, wenn das Abmahnschreiben unberechtigt ist.
Noch einmal zur Deckelung der Kosten: Die Kosten, die dem Rechteinhaber durch die Rechteverletzung und nötige Abmahnungen entstehen, können vom Abmahnempfänger zurückverlangt werden. Bei einem Gegenstandswert von 1000 Euro fallen 124 Euro für den Rechtsanwalt an (1,3-fache Geschäftsgebühr plus 20 Euro Postpauschale). Ist der Abmahnende zum Abzug der Vorsteuer berechtigt, fällt keine Umsatzsteuer an. Wichtig: Ein Schadensersatz ist in der neuen Kostendeckelung noch nicht inbegriffen! Inzwischen versuchen die Abmahnkanzleien, die Kostendeckelung zu umgehen und behaupten Ausnahmen davon.
Die Deckelung gilt auch dann nicht, wenn das geschützte Werk für die berufliche Tätigkeit verwendet wird. Wurde bereits eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, kommt die Kostendeckelung ebenfalls nicht zum Tragen.
Welches Gericht ist zuständig?
Wird ein Verbraucher verklagt, so ist hier grundsätzlich das Gericht zuständig, welches am Wohnort des Verbrauchers ansässig ist. Hier finden sich jedoch im Urhebergesetz und Landesrecht weitere Besonderheiten, wonach ein ganz bestimmter Gerichtsort für diese Urheberrechtsfälle ausschließlich zuständig ist. Der „fliegende Gerichtsstand“ hat damit ausgedient – dieser besagte, dass ein Urheberrechtsverstoß überall dort geahndet werden könne, an dem das Internet abrufbar ist, also praktisch überall. Die Rechteverletzung könnte theoretisch von überallher vorgenommen werden. Die Gerichte trafen aber häufig unterschiedliche Urteile, daher traten Abmahnkanzleien gern an die Gerichte heran, die als „industriefreundlich“ galten. Gerne wurde dann der Beklagten am anderen Ende des Landes vor Gericht gezerrt. Damit ist nun Schluss und das spezialgerichtlich zuständige Gericht des Verbrauchers muss mit der Klage beschäftigt sein. Dies ist von Bundesland zu Bundesland, in dem der Beklagte wohnt, unterschiedlich bestimmt, nämlich nach einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken.
Übrigens: Die derzeit aktivsten Abmahnkanzleien sind namentlich:
- Waldorf Frommer
- Gutsch & Schlegel (vormals: Sasse & Partner)
- FAREDS
- Daniel Sebastian
Tipp: Den richtigen Anwalt finden
Bei Anwälten ist es oft schwierig, ihr Spezialgebiet herauszufinden. Auf der einen Seite gibt es die Anwälte, die keine besondere Spezialisierung haben, die aber in allen Branchenverzeichnissen zu finden und damit bekannter sind. Auf der anderen Seite gibt es die – oft kleinen – Kanzleien, die sich auf ein Teilgebiet des Rechts spezialisiert haben und die die richtigen Ansprechpartner sind. Es lohnt sich in jedem Fall, die Wunschkanzlei bezüglich ihrer Erfahrungen im Internetrecht zu befragen. Auch die Kompetenz des Anwalts bezogen auf eine Filesharing-Abmahnung sollte abgefragt werden. Vielleicht lässt sich auch herausfinden, wie viele Mandanten aus diesem Bereich die Kanzlei schon vertreten hat, hieraus lässt sich ein gewisses Maß an Erfahrung schlussfolgern. Ein Höchstmaß an Erfahrung auf diesem Gebiet bringt zudem nicht selten Kostenersparnisse für den Mandanten mit sich, denn die Einarbeitungszeit in den speziellen Fall ist deutlich länger, die abzurechnenden Stunden reduzieren sich. Außerdem sind all die Tricks und Kniffe bekannt, mit denen sich bekannte Versuche von Abmahnenden zur Kostenerstattung und zum Schuldeingeständnis abwehren lassen. Spezialisierte Anti-Abmahnkanzleien sind also die erste Anlaufstelle, auch Fachanwälte können eine große Hilfe sein. Selbst für den Fall, dass der beauftragte Anwalt noch keine Erfahrung speziell im Filesharing-Bereich vorweisen kann, musste er sich im Rahmen seiner Zulassung als Fachanwalt doch zumindest theoretisch mit diesem Rechtsgebiet befassen.
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