Mit dem Vision Urbanetic stellte der Daimler-Konzern sein Konzept für die Mobilität der Zukunft vor. Beim Vision Urbanetic handelt es sich um ein autonomes Fahrzeug, das sich für den Transport von Personen oder Gütern verwenden lässt.
Die Premiere des Vision Urbanetic
Der Autobauer Daimler arbeitet weiter an seinem Konzept für die Zukunft. Elektromobilität und autonomes Fahren stehen dabei im Mittelpunkt. Nachdem das Unternehmen bereits 2015 mit dem Mercedes F 015 ein zukunftsweisendes Projekt vorgestellt hatte, folgte nun 2018 in Kopenhagen eine weitere Weltpremiere: der Vision Urbanetic. Dabei handelt es sich um ein vollkommen autonomes Fahrzeug, das im Gegensatz zum Mercedes F 015 nicht einmal mehr über ein Lenkrad und über Pedale verfügt.
Darüber hinaus gibt es noch weitere erhebliche Unterschiede: Während der F 015 auf dem bisherigen Modell des Individualverkehrs beruht, stellt der Daimler-Konzern mit dem Vision Urbanetic nicht nur ein neues Fahrzeug, sondern auch ein vollkommen neues Verkehrskonzept vor. Hierbei handelt es sich um ein Fahrzeug, das speziell auf Shared Ride ausgelegt ist. In dem Van finden bis zu 12 Personen Platz und es ist für die gemeinsame Nutzung durch mehrere Fahrgäste vorgesehen. Dabei handelt es sich um eine Mischung zwischen öffentlichem Personennahverkehr und Individualverkehr. Darüber hinaus handelt es sich hierbei um ein Fahrzeug, das ausschließlich für den Stadtverkehr konzipiert ist. Für längere Strecken ist es nicht vorgesehen.
Das folgende Video vermittelt einen ersten Eindruck davon, wie der Vision Urbanetic aussieht und welche Aufgaben er erledigen kann:
Mercedes Benz Vision URBANETIC
Vollautonomes Fahren
Autonomous Driving stellt das wesentliche Konzept für die Mobilität der Zukunft dar. Testfahrzeuge wie Google Self Driving Cars oder Uber Self Driving Cars haben bereits unter Beweis gestellt, dass es sich hierbei nicht mehr nur um eine Zukunftsvision handelt, sondern dass die Umsetzung bereits in der Praxis möglich ist. Bei Serienfahrzeugen wird diese Technik jedoch bislang noch nicht verwendet. Hierbei kommen nur Technologien für automatisiertes Fahren zum Einsatz. Diese unterstützen den Fahrer zwar, doch können sie das Auto noch nicht vollkommen autonom steuern.
Der Vision Urbanetic soll jedoch eine vollkommen autonome Fahrweise sicherstellen. Der Van hat weder Lenkrad noch Pedale. Das bedeutet, dass kein Fahrer notwendig ist. Automatisches Fahren spielt beim Verkehrskonzept, das hinter diesem Modell spielt, eine sehr wichtige Rolle. Hierbei handelt es sich um eine Art Sammeltaxi, das mehrere Fahrgäste aufnehmen kann. Mit der herkömmlichen Technik wäre hierfür ein Fahrer notwendig, der die Kosten für diesen Service deutlich in die Höhe treiben würde. Self Driving Cars erlauben es jedoch, auf den Fahrer zu verzichten und auf diese Weise ein günstiges Angebot für die Fahrgäste zu gestalten.
Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern und mit anderen Geräten
Um autonomes Fahren zu ermöglichen, ist eine umfassende Kommunikation sehr wichtig. Die folgende Tabelle zeigt, welche Kommunikationsformen das neue Fahrzeug von Daimler nutzen kann:
- Kommunikation über Funk mit anderen Verkehrsteilnehmern
- Nachrichten von Geräten der Straßeninfrastruktur
- Kommunikation über das Netzwerk
- Optische Signale an andere Verkehrsteilnehmer
Die V2X Communication ermöglicht einen automatischen Datenaustausch über eine drahtlose Verbindung mit vielen anderen Geräten. Von besonderer Bedeutung ist dabei die V2V Kommunikation – der Datenaustausch zwischen verschiedenen Fahrzeugen. Dieses Kommunikationssystem hilft dabei, die Sicherheit beim autonomen Fahren zu erhöhen. Eine große Herausforderung bei dieser Technik stellt es dar, andere Verkehrsteilnehmer zu erkennen.
Dazu verwenden die Autos in erster Linie Sensoren und Kameras. Die V2V Kommunikation ermöglicht jedoch zusätzlich dazu einen direkten Datenaustausch. Das ist beispielsweise bei einem Überholmanöver sinnvoll, da das Fahrzeug auf diese Weise entgegenkommende Autos bereits deutlich früher erkennen kann. Auch an Kreuzungen kann die Car2Car Kommunikation die Sicherheit deutlich erhöhen.
Von großer Bedeutung ist darüber hinaus die V2I Kommunikation. Indem das Fahrzeug Daten mit Geräten der Straßen-Infrastruktur, beispielsweise mit Ampeln, austauscht, kann es die Fahrweise besonders effizient gestalten. Hinzu kommt der Datenaustausch mit dem Netzwerk. Auf diese Weise kann das Fahrzeug Informationen zu Staus und zu anderen Behinderungen abfragen.
Darüber hinaus verfügt der Vision Urbanetic auch über Möglichkeiten, um mit Verkehrsteilnehmern ohne Vorrichtung für den digitalen Datenaustausch zu kommunizieren, beispielsweise mit Fußgängern und mit Radfahrern. Zu diesem Zweck sind verschieden Anzeigen in die Karosserie des Fahrzeugs eingebettet. Diese zeigen beispielsweise an, wenn das Fahrzeug einen Fußgänger an einem Zebrastreifen erkannt hat, um ihm zu signalisieren, dass er die Straße sicher überqueren kann.
Schutz vor Angriffen: Wichtig für eine optimale Sicherheit
Um beim autonomen Fahren eine hohe Sicherheit zu gewährleisten, ist es nicht nur wichtig, die Verkehrssituation richtig zu erkennen. Darüber hinaus stellen Hacker eine große Gefahr dar. Wenn diese in das System des Fahrzeugs eindringen, können Sie das Leben der Insassen und der übrigen Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringen. Daher ist hierbei Embedded Security sehr wichtig, um das autonome Auto vor Angriffen zu schützen. Dafür gibt es spezielle Richtlinien, beispielsweise SAE J3061 V2X. Auch diese Regeln wurden bei der Gestaltung des Vision Urbanetic beachtet.
Carsharing Autosharing: Für eine bessere Mobilität in der Stadt
Der Verkehr in Deutschland nimmt immer stärker zu. Die folgende Tabelle zeigt, dass es insbesondere in den letzten Jahren in diesem Bereich nochmals einen deutlichen Anstieg gab, insbesondere bei der Beförderungsleistung, die in Personenkilometern angegeben wird.
Motorisierter Individualverkehr in Deutschland (Pkw und Motorräder) |
||
Beförderte Personen (in Mio.) | Beförderungsleistung (in Mrd. Pkm) | |
2005 | 56 293 | 876 |
2010 | 56 503 | 902 |
2014 | 57 586 | 935 |
2015 | 58 297 | 946 |
2016 | 59 512 | 965 |
Die Folge dieser Zunahme sind immer mehr Staus. Während es beim Überlandverkehr noch vergleichsweise einfach ist, durch neue Verkehrsprojekte für Abhilfe zu sorgen, ist die Situation in den Städten nochmals deutlich schwieriger. Da hier kaum mehr freie Flächen zur Verfügung stehen, wäre es notwendig, neue Straßen unterirdisch oder auf Stelzen zu verlegen. Da das enorme Baukosten mit sich bringen würde, werden derartige Projekte jedoch nur sehr selten umgesetzt.
Ein anderer Ansatz besteht darin, die vorhandene Verkehrs-Infrastruktur besser zu nutzen. Dieser Grundgedanke steht hinter dem Vision Urbanetic. Der großzügige Innenraum bietet Platz für bis zu 12 Fahrgäste. Die Passagiere können das Fahrzeug per App anfordern. Dieses holt sie dann direkt an der Haustüre oder an einem festen Haltepunkt ab. Im Fahrzeug befinden sich jedoch viele unterschiedliche Fahrgäste. Das System berechnet dabei automatisch die optimale Route, um möglichst geringe Strecken zurückzulegen und dennoch alle Start- und Zielpunkte der Passagiere anzufahren.
Dieses Prinzip entlastet nicht nur die Verkehrsinfrastruktur der Städte. Darüber hinaus ist es effizient und umweltfreundlich. Da sich mehrere Passagiere die Fahrt teilen, reduziert sich die Gesamtstrecke im Vergleich zu einer individuellen Beförderung deutlich. Das senkt den Kraftstoffverbrauch erheblich. Die Dauer der Fahrt kann dabei zwar etwas höher sein, da jeder Passagier auch einige Start- und Zielpunkte der übrigen Fahrgäste anfahren muss. Wenn durch dieses Mobilitätskonzept die Auslastung der Straßen abnimmt, könnte das jedoch auch zu einer Reduzierung von Staus führen, wodurch sich die Dauer der Fahrt wiederum vermindert.
Personen- und Gütertransport mit nur einem Fahrzeug
Eine große Besonderheit dieses Fahrzeugs besteht darin, dass es sich sowohl für den Personen- als auch für den Gütertransport eignet. Dabei gibt es keine zwei unterschiedlichen Modelle, so wie das bisher üblich ist. Jeder Vision Urbanetic lässt sich innerhalb weniger Minuten von einem Personenbeförderungsmittel in ein Nutzfahrzeug für den Gütertransport umwandeln. Das Auto besteht aus einem sogenannten Skateboard. Dabei handelt es sich um die Fahrplattform. In diese sind der komplette Antrieb sowie das Steuerungssystem integriert. Auf die Fahrplattform kann man dann je nach Bedarf ein Modul für den Personen- oder für den Gütertransport aufsetzen.
Das Modul für Personen
Der Vision Urbanetic hat etwa die Größe eines gewöhnlichen Vans. Dennoch finden darin bis zu zwölf Fahrgäste Platz. Das liegt zum einen darin, dass hier kein Platz für den Fahrer notwendig ist. Das bietet die Möglichkeit, den Innenraum besonders effizient auszunutzen. Zum anderen ist das Fahrzeug für eine Höchstgeschwindigkeit von nur 60 km/h vorgesehen. Die niedrige Geschwindigkeit sorgt für deutlich mehr Sicherheit. Deshalb ist hier kein Sicherheitsgurt vorgeschrieben. Daher können die Passagiere auf kurzen Strecken auch stehen. Das sorgt für eine deutlich höhere Kapazität.
Der Innenraum des Fahrzeugs ist wie eine Lounge gestaltet. Die Sitzplätze befinden sich zum einen im vorderen Bereich. Im hinteren Fahrzeugteil sind zwei gestaffelte Sitzreihen integriert.
Das Modul für die Güterbeförderung: Platz für 10 Europaletten
Auch der Gütertransport sorgt dafür, dass auf den Straßen immer mehr Verkehr herrscht. In den Städten macht sich insbesondere die starke Zunahme an Paket- und Kuriersendungen bemerkbar. Das zeigt die folgende Tabelle.
Kurier-, Express- und Paketsendungen in Deutschland (in Millionen) |
|
2012 | 2.560 |
2013 | 2.660 |
2014 | 2.780 |
2015 | 2.950 |
2016 | 3.160 |
2017 | 3.350 |
2018 | 3.530 |
2019 | 3.710 |
2020 | 3.910 |
2021 | 4.110 |
2022 | 4.330 |
Mit dem Cargo-Modul ausgestattet bietet der Vision Urbanetic auch hierfür eine Lösung. Das Fahrzeug bietet Platz für bis zu 10 Europaletten. Wenn es diese geladen hat, kann es die Ziele selbstständig nacheinander anfahren und die Ladung den Empfängern ausliefern. Das reduziert die Verkehrsbelastung ebenfalls. Darüber hinaus ist es möglich, die Lieferungen außerhalb der gewöhnlichen Geschäftszeiten durchzuführen. Das ist insbesondere für private Kunden ausgesprochen praktisch. Außerdem sorgt das für eine gleichmäßigere Verkehrsbelastung. Der Vision Urbanetic kann beinahe 24 Stunden täglich im Einsatz sein, nur während er geladen wird, ist eine kurze Pause notwendig.
Emissionsfrei und lautlos: Der Vision Urbanetic
Ein großer Vorteil dieses Fahrzeugs besteht darin, dass es über einen Elektroantrieb verfügt. Das bedeutet, dass es innerhalb der Städte keine Emissionen erzeugt. Es hat daher auch keinerlei Kraftstoffverbrauch. Je nach genutzter Stromquelle ist es sogar möglich, die Fortbewegung vollkommen klimaneutral zu gestalten.
Nicht nur die Abgase belasten die großen Ballungszentren. Auch der Lärm spielt eine wichtige Rolle. Doch auch in dieser Hinsicht kann der Vision Urbanetic überzeugen.
Zusammen mit den bereits in den vorherigen Abschnitten besprochenen Eigenschaften ergeben sich gerade für die großen Städte durch dieses Fahrzeug erhebliche Vorteile:
- Keinerlei Emissionen in den Ballungszentren
- Geringer Stromverbrauch
- Entlastung für die Verkehrswege
- Beinahe geräuschlose Fahrweise
Vision Urbanetic: Ein Mobilitätskonzept für die Zukunft?
Der Vision Urbanetic stellt ein sehr interessantes Modell für die Zukunft dar. Elektromobilität, autonome Fahrzeuge, Car2X Kommunikation, Rideshare und ein geringer Stromverbrauch, all das sind Schlagworte, die bei der gegenwärtigen Diskussion um das Mobilitätskonzept für die Zukunft eine wichtige Rolle spielen. All diese Prinzipien fanden bei dieser Modellstudie Beachtung. Bisher handelt es sich dabei jedoch lediglich um ein Projekt. Die Serienreife liegt noch in weitere Ferne. Dennoch bietet dieses Fahrzeug einen interessanten Einblick, wie die Mobilität in den Städten in einigen Jahren oder Jahrzehnten aussehen könnte.
Zum Abschluss soll noch ein weiteres Video präsentiert werden. Dieses zeigt nochmals einige Anwendungsfälle auf und befasst sich damit, wie die Mobilität der Zukunft gestaltet sein könnte.
Mercedes-Benz Vision Urbanetic: So funktioniert der vollautonome Van für Ridesharing & Cargo
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