Wasserkraft ist weltweit der größte Produzent regenerativer Energie. Dabei wird die Bewegungsenergie des Wassers ausgenutzt und mithilfe von Turbinen in elektrische Energie gewandelt. Auch in Deutschland gehört die Wasserkraft zu den größten Produzenten erneuerbarer Energien, wenngleich es hier nur fünf Prozent der gesamten Energiemenge sind, die daraus entstehen. Weltweit gesehen sind es 20 Prozent. Interessant: Ghana, Norwegen und Island produzieren zu fast 100 Prozent Strom aus Wasserkraft.
Verschiedene Arten von Turbinen
Derzeit gibt es in Deutschland rund 300 Laufwasserkraftwerke, die eine Leistung von mehr als ein Megawatt bringen. Dazu kommen etwa 7000 Kleinanlagen mit einer durchschnittlichen Leistung von 57 Kilowatt. Verschiedene Turbinentypen werden dafür eingesetzt:
Kaplanturbine
Das Laufrad ist bei der Kaplanturbine vergleichbar mit einer Schiffsschraube. Es dreht sich im Wasserstrom und kann bei Fallhöhen zwischen zehn und siebzig Metern verwendet werden. Die Kaplanturbine trägt ihren Namen nach dem Erfinder Kaplan. Das Wasser wird hier in axialer Richtung zu den Schaufeln geführt und fließt danach radial weiter. Es trifft auf die Schaufeln der Turbine, die schräg angeordnet sind. Dadurch wird die Turbine angetrieben. Der Wirkungsgrad ist hier sogar noch höher und kann bis zu 95 Prozent betragen.
Francisturbine
Die Francisturbine funktioniert im Grunde ähnlich wie die Kaplanturbine, lediglich die Fallhöhe ist grundverschieden. Diese beträgt in dem Fall zwischen 50 und 800 Meter und es können sehr große Wassermengen genutzt werden. Leistungen von bis zu 8000 Megawatt sind möglich. Die Francisturbine wurde erstmals im Jahr 1849 entwickelt und besteht aus einem Spiralgehäuse, in dem sich ein Leitrad befindet. Das Wasser wird in das Gehäuse gedrückt und dort gegen die schräg gestellten Schaufeln des Leitrades. Es strömt zwar aus allen Richtungen, wird dadurch aber in eine Richtung gezwungen. Ist das Wasser beim Laufrad angekommen, fließt es nach unten ab. Der Wirkungsgrad beträgt auch hier bis zu 90 Prozent.
Peltonturbine
Die Fallhöhen betragen hier bis zu 1000 Meter und mehr. Die Peltonturbine lässt sich mit den klassischen Stoßlaufrädern vergleichen. Erfinder war L. A. Pelton, der im Jahr 1848 eine solche Turbine entwickelte. Das Wasser wird hier in sich verengende Rohre gedrängt und trifft dann die Schaufel des Peltonrades. Dabei entsteht die Geschwindigkeitsenergie, die eine radiale Drehbewegung erzeugt. Der Wirkungsgrad ist mit über 90 Prozent sehr hoch.
Gezeitenkraftwerk
Turbinen können auch beim Gezeitenkraftwerk eingesetzt werden, allerdings ist das in Deutschland nicht möglich. Dabei nutzt man Ebbe und Flut: Eine Bucht wird gesperrt, in die das Wasser bei Flut hineinfließt. Bei Ebbe fließt es dann wieder aus der Bucht heraus. In jedem Fall werden die installierten Turbinen angetrieben und Strom wird erzeugt.
Wie wird die Wasserkraft genutzt?
Die Wasserkraft kann genutzt werden, weil das Wasser eine Strömungsenergie – kinetische Energie – aufweist. Das Prinzip der Wasserkraftnutzung beruht genau auf dieser Bewegung oder auch auf der angestauten Energie des Wassers. Dieses muss einen gewissen Höhenunterschied überwinden. Die Turbine sorgt dann dafür, dass die Energie in sekundäre Energie umgewandelt wird, diese ist die eigentliche Bewegungsenergie. An die Turbine ist ein Dynamo angekoppelt, der wiederum dafür sorgt, dass die sekundäre Energie in elektrische Energie gewandelt wird.
Die Kraftwerkstypen, die für die Nutzung der Wasserkraft eingesetzt werden, unterscheiden sich in
- Niederdruckanlagen (Fallhöhen zwischen 1 und 20 m)
- Mitteldruckanlagen (Fallhöhen zwischen 20 und 100 m)
- Hochdruckanlagen (Fallhöhen ab 100 m)
Auch nach der Betriebsweise können Kraftwerke unterschieden werden. So gibt es die Laufkraftwerke und die Speicherkraftwerke. Im Folgenden sollen die verschiedenen Kraftwerksarten einmal vorgestellt werden.
Laufkraftwerke
Das Gezeitenkraftwerk
Gezeitenkraftwerke zählen zu den Niederdruckanlagen und nutzen Ebbe und Flut aus. Ein Damm mit Einlässen lässt Wasser bei Flut in eine Bucht fließen, bei Ebbe fließt dieses wieder heraus. Die Turbinen werden durch das strömende Wasser angetrieben. Die Gezeitenkraftwerke sind besonders effektiv, wenn es einen großen Unterschied zwischen Ebbe und Flut gibt und damit die Strömungen stark sind. Die größte Differenz weltweit beträgt 18 Meter und ist in der Fundybay in Kanada zu finden.
Das Laufwasserkraftwerk
Auch das Laufwasserkraftwerk zählt zu den Niederdruckanlagen. Hier wird das Wasser eines Flusses genutzt, der aber nicht angestaut wird. Die Durchströmgeschwindigkeit des Wassers ist für diese Art Kraftwerke ausreichend. Eine Kaplanturbine wird hier eingesetzt, damit der Strom erzeugt werden kann.
Speicherkraftwerke
Speicher- oder Talsperrenkraftwerke
Meist handelt es sich bei den Speicher- oder Talsperrenkraftwerken um Hochdruckanlagen. Das Wasser wird mithilfe eines Damms angestaut. Eine große Stauhöhe bewirkt einen hohen Druck, der bis in die unteren Schichten des Wassers reicht. Dadurch strömt das Wasser in die Turbinen, welche sich daraufhin bewegen.
Speicherkraftwerke werden auch zum Schutz vor Hochwasser eingesetzt und finden bei der Trinkwasserversorgung oder der Wasserbevorratung für Zeiten der Trockenheit Anwendung.
Pumpspeicherwerke
Pumpspeicherwerke sind Hochdruckanlagen, welche mit einem Speicherkraftwerk kombiniert werden. In der Nacht wird der überschüssige elektrische Strom dafür genutzt, das Wasser in Speicherbecken zu pumpen. Diese befinden sich hoch gelegen. Am Tag erfolgt die Entnahme und das Wasser fließt durch Fallrohre. Dabei erzeugt es einen sehr hohen Druck und Turbinen können angetrieben werden.
Gletscherkraftwerke
Gletscherkraftwerke sind Hochdruckanlagen. Für die Nutzung der Wasserenergie werden Gletscherseen angebohrt, und zwar an ihrer tiefsten Stelle. Das Wasser wird dann über ein Rohrleitsystem zu einem Kraftwerk geführt, welches teilweise sehr weit entfernt liegt. In diesem Kraftwerk befinden sich die Turbinen. Da die Seen tief sind und im Winter nicht durchfrieren, kann die Nutzung der Energie bzw. die Produktion des Stroms selbst bei tiefsten Temperaturen stattfinden.
Wellenkraftwerke
Wellenkraftwerke werden derzeit noch nicht eingesetzt, sie befinden sich erst in der Entwicklung. Die Idee ist, dass eine Plattform durch die Wellen angehoben und abgesenkt wird. Durch das Anheben wird Luft in die Turbinen bzw. in die Kammern der Turbinen gepresst. Senkt sich die Plattform, wird die Luft wieder herausgepresst. Beide Male kann Energie gewonnen werden. Ob dies in der Praxis so funktioniert, steht allerdings noch nicht fest.
Vor- und Nachteile der Nutzung von Wasserkraft
Durch die Nutzung von Wasserkraft ist die Produktion des Stroms sehr umweltfreundlich möglich. Es werden keine natürlichen Ressourcen verbraucht und die Wärmeproduktion ist gering. Der Wirkungsgrad beträgt mindestens 90 Prozent und die Anlagen besitzen eine lange Lebensdauer. Gleichzeitig verursachen sie niedrige Betriebskosten, denn Wartung und Bedienung sind minimal nötig. Die Anlagen können zudem mehrfach genutzt werden und dienen beispielsweise der kombinierten Nutzung als Stromproduzenten und für den Hochwasserschutz.
Nachteilig sind die hohen Investitionskosten, die beim Bau einer Wasserkraftanlage entstehen. Zwischen Wasserkraftstandorten und den Verbraucherstellen liegen oftmals große Entfernungen und die Erzeugung der Energie kann sehr unregelmäßig sein. Wertvolle Flächen werden überstaut und verlieren ihre ökologische Bedeutung. In der Umgebung der Wasserkraftwerke ist der Wasserhaushalt gestört. Fließgeschwindigkeiten der Gewässer werden herabgesetzt und führen zur Erosion. Der Lebensraum von Pflanzen und Tieren wird gestört. Zudem kann der Grundwasserspiegel angehoben werden.
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