Cellular V2X ermöglicht es Fahrzeugen, Daten zu versenden und zu empfangen. Das Potenzial, das Cellular V2X für den Verkehr der Zukunft bietet, ist enorm.
Cellular V2X: von den Vorteilen einer zuverlässigen Kommunikation profitierenWenn man betrachtet, welche Technologie unsere Gesellschaft in den letzten beiden Jahrzehnten am stärksten verändert hat, dann besteht wohl wenig Zweifel daran, dass es sich dabei um das Internet handelt. Diese Technik hat unser Einkaufsverhalten und die Formen der Informationsbeschaffung grundlegend geändert. Sie bietet viele neue Kommunikationsformen und spielt für die Wirtschaft eine wichtige Rolle, um neue Kunden zu gewinnen. Das Internet ist außerdem dabei, die Produktionsprozesse zu revolutionieren. Immer mehr Maschinen sind vernetzt und können gegenseitig Informationen austauschen. Die folgende Tabelle stellt dar, dass mittlerweile fast alle Menschen in Deutschland über einen Internetzugang verfügen.
2008 | 71 |
2009 | 73 |
2010 | 75 |
2011 | 76 |
2012 | 77 |
2013 | 79 |
2014 | 80 |
2015 | 82 |
2016 | 84 |
2017 | 84 |
2018 | 87 |
Im Automotive Sektor spielt das Internet bislang jedoch nur eine geringe Rolle. Zwar gibt es bereits jetzt einige Fahrzeuge, die mit vernetzten Navigations- oder Unterhaltungssystemen ausgestattet sind. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um Zubehör, das für die eigentliche Funktion des Fahrzeugs von geringer Bedeutung ist.
Zwar bietet Toyota bereits seit 2016 ein vernetztes Fahrzeug an, doch ist dieses nur in Japan erhältlich. Auch General Motors produziert mittlerweile einige Autos mit entsprechenden Kommunikationsmöglichkeiten. Doch ist die Zahl der entsprechenden Modelle äußerst gering. Insgesamt kann man also feststellen, dass vernetzte Autos bislang kaum anzutreffen sind.
Allerdings kommt es in diesem Bereich im Moment zu einer bedeutenden Weiterentwicklung. Bislang kam hierbei ein älterer Standard für die V2XCommunication zum Einsatz. Dieser zeichnet sich durch eine relativ geringe Übertragungsgeschwindigkeit, hohe Latenzzeiten und durch eine geringe Zuverlässigkeit bei starkem interferierendem Funkverkehr aus.
Diese Probleme führen dazu, dass die Möglichkeiten, die eine Vernetzung der Fahrzeuge theoretisch bietet, nicht voll zum Tragen kommen. Vor einigen Jahren hat die internationale Telekommunikationsbehörde 3GPP jedoch einen neuen Standard entwickelt. Hierbei handelt es sich um Cellular V2X. Dieser zeichnet sich im Vergleich zum bisherigen Standard durch zahlreiche Vorteile aus. Insbesondere die höhere Zuverlässigkeit spielt dabei eine wichtige Rolle.
C V2X besitzt das Potenzial, den vernetzten Fahrzeugen zum Durchbruch zu verhelfen. Die Forschungsarbeiten laufen bereits auf Hochtouren. Verschiedene Tests haben die Fähigkeiten dieses Systems bereits eindrücklich unter Beweis gestellt.
Der Hersteller Qualcomm hat außerdem angekündigt, dass bereits bald die ersten Chipsätze in Serie hergestellt werden, die diese Technik unterstützen.
Die folgende Liste fasst die Verbesserungen, die Cellular V2X mit sich bringt, zusammen:
- Hohe Reichweite
- Hohe Zuverlässigkeit selbst bei vielen interferierenden Signalen
- Direkte oder indirekte Datenübertragung möglich
- Geringe Kosten bei direkter Kommunikation
- Unterstützung zahlreicher Sender pro Funkzelle
- Hohe Übertragungsgeschwindigkeit
- Geringe Latenzzeit
- Kompatibel zu 5G
Zahlreiche Praxisversuche beweisen die Leistungsfähigkeit des Systems
Um zu erkennen, welche Vorteile eine vernetzte Fahrzeugarchitektur für den Straßenverkehr bietet, ist es sinnvoll, sich die bisherigen Praxisversuche anzuschauen. Verschiedene Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen sowie universitäre Forschungszentren arbeiten intensiv daran, diese Technik massentauglich zu machen.
An diesen Feldversuchen sind nicht nur Betriebe aus dem Automotive Sektor beteiligt, sondern auch Mobilfunkkonzerne, Chiphersteller und viele weitere. Oftmals haben sie sich zu Gruppen zusammengeschlossen, um noch schnellere Fortschritte zu erzielen.
Die Zahl der Praxistests ist riesig. Es gab Versuche in Europa, in den USA, in China und in einigen weiteren Teilen der Welt. Im Folgenden sollen drei von ihnen vorgestellt werden. Dabei handelt es sich jedoch nur um einen kleinen Ausschnitt aus den vielfältigen Projekten, die in diesem Bereich stattfinden.
ConVeX Consortium: Cellular V2X auf deutschen Straßen getestet
Das ConVeX Consortium spielt bei der Erforschung von C-V2X eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss, an dem die Unternehmen Audi, Ericsson, Ducati, SWARCO und Qualcomm beteiligt sind. Hinzu kommt die Technische Universität Kaiserslautern.
Bereits diese prominente Besetzung zeigt, dass das ConVeX Consortium in diesem Bereich eine Führungsrolle einnimmt. Diese Gruppe forscht unter anderem intensiv daran, wie es möglich ist, durch Cellular V2X besonders gefährdete Verkehrsteilnehmer zu schützen. Die Teilnahme des Motorradherstellers Ducati deutet bereits darauf hin, dass dadurch die Sicherheit für Motorradfahrer erhöht werden soll.
Doch auch der Schutz von Fußgängern spielt dabei eine wichtige Rolle. Für viel Aufsehen sorgte ein Feldversuch, den das ConVeX Consortium Anfang 2019 im Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und Luxemburg durchführte. Dieser zeigte, dass die Technik auch grenzüberschreitend funktioniert.
Continental und Vodafone: Gemeinsame Teststrecke in Nordrhein-Westfalen
Ein weiteres interessantes Projekt in Deutschland ist das 5G Mobility Lab, in dessen Rahmen der Mobilfunkanbieter Vodafone und der Reifenhersteller Continental zusammenarbeiten. Auch hierbei spielt Cellular V2X eine wichtige Rolle. Der Schwerpunkt liegt dabei jedoch auf den 5G-Anwendungen, die diese Technik ebenfalls erlaubt.
Eines der wesentlichen Ziele dieses Projekts ist es, ein sogenanntes digitales Schutzschild für Fußgänger und Fahrradfahrer aufzubauen. Die Idee, die hinter diesem Ansatz steht, besteht darin, das Smartphone als Sender zu nutzen. Da fast alle Fußgänger und Fahrradfahrer mittlerweile ein solches Gerät bei sich tragen, würde das eine beinahe vollständige Erfassung der Verkehrsteilnehmer sicherstellen.
Alternativ dazu wäre es jedoch auch möglich, sich mit einem speziellen Sender auszustatten, um sich zu schützen. Fahrzeuge, die Cellular V2X verwenden, können das Smartphone erkennen und dessen Bewegungsrichtung analysieren. Sollten sich die Wege kreuzen, sendet das System eine Warnmeldung aus. Bei Self Driving Cars könnte es auch einen automatischen Bremsvorgang auslösen.
Das folgende Video stellt die Teststrecke in Aldenhoven vor und zeigt, welche Versuche Continental und Vodafone hier durchgeführt haben:
Ford, Panasonic und Qualcomm: Praxistest in Colorado
Das dritte Beispiel stellt ein Projekt aus den USA vor. Hierbei arbeiten die Unternehmen Qualcomm, Ford und Panasonic zusammen. Außerdem ist die Verkehrsbehörde des Bundesstaats Colorado beteiligt. Der Fokus liegt dabei auf der Kommunikation mit der Infrastruktur der Straße.
Zu diesem Zweck wurden einige Bereiche rund um das Panasonic-Hauptquartier in Denver mit intelligenten Infrastruktur-Geräten ausgestattet. Dabei handelt es sich beispielsweise um Ampeln und um Verkehrsschilder. Diese können Informationen per Cellular V2X an die Fahrzeuge übermitteln. Auch das kann den Verkehr sicherer und effizienter gestalten.
Auch zu diesen Versuchen gibt es ein Video. Dieses stellt anschaulich vor, wie die Technik funktioniert und welche Anwendungsmöglichkeiten es dafür gibt:
Video: 6 Ways C-V2X Will Make Roads Safer
Zwei verschiedene Übertragungsformen: Direkt oder über ein Netzwerk
C-V2X zeichnet sich dadurch aus, dass hierbei zwei verschiedene Übertragungsformen möglich sind. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der direkten Datenübermittlung. Wenn zwei Autos mit einer entsprechenden Vorrichtung ausgestattet sind, können sie die Daten direkt austauschen. Das Gleiche ist bei der Kommunikation mit intelligenten Geräten der Straßen-Infrastruktur der Fall.
Das macht die Übertragung nicht nur besonders schnell und zuverlässig. Darüber hinaus ist der Aufwand für den Aufbau der erforderlichen Strukturen sehr gering. Das führt zu niedrigen Kosten. Der direkte Übertragungsmodus ist unabhängig vom Mobilfunknetz, sodass er auch in Funklöchern funktioniert.
Alternativ dazu besteht die Möglichkeit, das Mobilfunknetz zu nutzen. Das stellt eine deutlich größere Reichweite sicher. Damit ist es beispielsweise möglich, Informationen über Staus, Unfälle und Baustellen zu übermitteln, um diese Behinderungen weiträumig zu umfahren.
Cellular V2X zeichnet sich dadurch aus, dass es sowohl LTE als auch 5G unterstützt. Mit der Einführung des neuen Mobilfunkstandards kann sich die Übertragungsgeschwindigkeit und die Zuverlässigkeit des Systems nochmals deutlich steigern.
Automotive Cyber Security: Ein wichtiger Aspekt bei der Umsetzung von Cellular V2X
Wenn vernetzte Fahrzeuge flächendeckend zum Einsatz kommen sollen, ist es sehr wichtig, sich Gedanken über die Automotive Security zu machen. Die Datenübertragung zwischen den Fahrzeugen bietet beispielsweise die Möglichkeit für ein Can Bus Hacking. Sollte der Angreifer auf diese Weise Zugang zum In-Vehicle-Server erhalten, kann er die Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen. Das würde viele Möglichkeiten für Erpressungsversuche bieten.
Daher ist es wichtig, parallel zur Erforschung von Cellular V2X auch passende Automotive Security Standards zu entwickeln. Auch in diesem Bereich laufen die Arbeiten auf Hochtouren. Ein Ergebnis daraus ist der Standard SAE J3061. Dieser schützt die E/E Architektur und sorgt dadurch für eine hohe Embedded Security.
Carsharing Autosharing: Viele neue Möglichkeiten durch eine verbesserte Kommunikation
Cellular V2X kann auch die Art und Weise, auf die die Menschen ihre Fahrzeuge nutzen, grundlegend verändern. Ein Aspekt besteht darin, dass diese Technik automatisches Fahren begünstigt. Die Car2Car Kommunikation führt zu einer deutlichen Erhöhung der Sicherheit und lässt sich insbesondere bei autonomen Fahrzeugen sehr gut implementieren. Daher könnte sie dazu beitragen, dass selbstfahrende Autos bereits bald zum Alltag gehören.
Das könnte die Kosten für Fahrdienste derart herabsetzen, dass diese schon bald eine wirtschaftliche Alternative zum eigenen Auto darstellen könnten. Darüber hinaus ist es interessant, die Möglichkeiten für Shared Ride zu betrachten. Dabei handelt es sich um ein Mobilitätskonzept, das auf die geteilte Nutzung der Fahrzeuge abzielt. Eine schnelle und effiziente Datenübertragung über das Netzwerk könnte es möglich machen, die Routen mehrerer Passagiere zu kombinieren.
So könnten mehrere Fahrgäste das Auto gemeinsam verwenden und kommen dennoch genau von ihrem individuellen Startpunkt an das gewünschte Ziel. Daher wäre der Komfort vergleichbar zum bisherigen Individualverkehr. Die gemeinsame Nutzung würde die Effizienz jedoch deutlich steigern. Das wäre nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht interessant. Darüber hinaus könnte das die Umwelt schützen und die überfüllten Verkehrswege entlasten.
Sicherheit und Effizienz: Die entscheidenden Vorteile von Cellular V2X
Sicherheit und Effizienz sind die entscheidenden Vorteile, die Cellular V2X bietet. Bei der Sicherheit ist insbesondere von Bedeutung, dass sich die Fahrzeuge per V2V bereits über große Distanzen erkennen können. Außerdem ist die Übermittlung der Geschwindigkeit und der Bewegungsrichtung möglich.
Anhand dieser Daten kann der Server des Fahrzeugs beispielsweise genau berechnen, ob das Überqueren einer Kreuzung möglich ist oder nicht. Hinzu kommen die Möglichkeiten für den Schutz von Fußgängern und Radfahrern, die in diesem Artikel bereits vorgestellt wurden.
Von großer Bedeutung ist darüber hinaus die Steigerung der Effizienz im Straßenverkehr. Die folgende Tabelle zeigt, wie stark die Zahl der Autos in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat.
1960 | 4,5 |
1980 | 23,2 |
2000 | 42,8 |
2010 | 41,7 |
2015 | 44,4 |
2016 | 45,1 |
2017 | 45,8 |
2018 | 46,5 |
2019 | 47,1 |
Quelle:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/12131/umfrage/pkw-bestand-in-deutschland/
Zwar entstanden im gleichen Zeitraum auch viele neue Verkehrswege. Dennoch bleibt festzustellen, dass die Verkehrs-Infrastruktur immer stärker ausgelastet ist. Staus auf Autobahnen und in den Innenstädten sind die Folge daraus. Wie bereits ausgeführt könnte Cellular V2X die Möglichkeiten für eine geteilte Nutzung der Fahrzeuge verbessern und damit zu einer Entspannung der Verkehrslage beitragen.
Es gibt jedoch noch einen direkteren Ansatz. Der Datenaustausch erlaubt es, Fahrzeuge in Kolonnen zusammenzufassen, die die Verkehrswege mit gleicher Geschwindigkeit und mit geringem Abstand nutzen.
Das würde es möglich machen, die bestehende Infrastruktur mit einer deutlich höheren Effizienz zu nutzen. Cellular V2X steht bereits kurz vor dem Durchbruch. Die ersten Chipsätze mit dieser Technologie werden bereits in Kürze auf den Markt kommen. Dann wird sich zeigen, ob diese den enormen Erwartungen, die Forscher und Verkehrsplaner an sie stellen, gerecht wird.
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