Feinstaub durch Kerzen übersteigt industrielle Belastung

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Feinstaub durch Kerzen, Räucherstäbchen, Zigarettenrauch und Kamine übersteigen die Belastung aus der Industrie. Zu diesem erstaunlichen Ergebnis kam der ÖAMTC (Österreichischer Automobil-, Motorrad- und Touring Club) in einer Untersuchung. Die Ursachen sind noch erstaunlicher.

Feinstaub durch Kerzen & Räucherstäbchen

Wenn im Winter in Deutschlands Wohnstuben rote Kerzen mit ihrem Schein eine heimelige Stimmung verbreiten, hat mancher noch die Meldung aus dem Autoradio im Ohr, dass in den Städten wieder mal die Grenzwerte für Feinstaub überschritten wurden. Der Straßenverkehr und die Industrie werden in der öffentlichen Diskussion schnell als Verursacher ausgemacht. Bei lieb gewonnenen Gewohnheiten wie zum Beispiel der Zigarette wird eine Verursachung erst gar nicht in Erwägung gezogen und verdrängt. „Feinstaub durch Kerzen“ – das kann nicht sein.

Die Grenzwerte für die Feinstaubbelastung werden allerdings gerade in den eigenen vier Wänden besonders häufig und besonders stark überschritten. Es sind nicht nur ein bis zwei Prozentpunkte, sondern oft werden Belastungen erreicht, die ein Vielfaches des Grenzwertes betragen, der in der Außenluft gilt. Dennoch gelangt der Gefahrenbereich der eigenen vier Wände nicht in die öffentliche Diskussion.

Mehr Bewusstsein durch Fakten zu Feinstaub, Kerzen & Co.

Bei Feinstaub sprechen wir von allerkeinsten durch Verbrennung entstandenen Ruß-, Rauch- und Staubpartikel, deren Größe unter zehn Mikrometer – also kleiner als ein Hundertstel Millimeter – liegt. Eine Größe, die man sich kaum vorstellen kann. Atmet ein Mensch solche Feinstaub-Partikel ein, wird sehr schnell und vor allem bei dauerhaftem Vorkommen die Lunge geschädigt. Zusätzlich bestehen Risiken, weil einige der Partikel stark krebserregend sind. Oft werden durch die Feinstaubpartikel auch Allergien ausgelöst. Je kleiner die Partikel sind, desto leichter und tiefer dringen diese in die Lungen ein. Besonders gefährdet sind dabei Kinder.

Grenzwert für Feinstaubbelastung (PM10)

Der in Europa gültige Wert zur Beurteilung der Feinstaubbelastung liegt bei 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (50 µg/m3). Dieser Wert darf nicht überschritten werden. Allerdings haben Forscher in einer Studie mit über 100.000 Teilnehmern herausgefunden, dass schon bei wesentlich geringeren Belastungen starke Schädigungen ausgelöst werden können.

Bei einem jährlichen Anstieg der Konzentration von Feinstaubpartikeln des Typs PM2,5 um fünf Mikrogramm je Kubikmeter Luft kommt es zu einem um zwölf Prozent erhöhten Risiko für zum Beispiel Infarkt oder Angina. Beim Feinstaubtyp PM10 steigt das Risiko für Herzprobleme um dreizehn Prozent, wenn sich die Belastung um nur zehn Mikrogramm je Kubikmeter Luft erhöht.

Für die Belastung mit Feinstaub PM2,5 (Partikel, deren Größe 2,5 Mikrometer nicht übersteigt) liegt in der EU bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter in der Außenluft. Die WHO hingegen empfiehlt einen Grenzwert von nur zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Außenluft.

Anteil Emmittent
39,7 % Kleinverbraucher/Haushalte
38,2 % Industrie und Maschinen
7,5 % Landwirtschaft
5,2 % Diesel-PKW
5,1 % LKW und Busse
4,3 % Heiz- und Kraftwerke

Tabelle (keine Infografik): Anteil (in Prozenten) der verschiedenen Emmittenten an der Gesamtbelastung mit Feinstaub (PM 10). Quelle: ÖAMTC (Zahlen: 2010)

Die Tabelle macht deutlich, dass zwischen dem Verursacherbild in der öffentlichen Diskussion und den Tatsachen eine Diskrepanz besteht. Haushalte und Industrie sind für dreiviertel der Feinstaubbelastung verantwortlich. Der Verkehr ist mit seinem Anteil von knapp 20% zwar bedeutsam, liegt jedoch weit hinter den vorgenannten zurück.

Kamine, Kerzen, Zigaretten: die heimlichen Emmittenten

Während die Industrie kontinuierlich an der Verbesserung ihres Ausstoßes an Feinstäuben gearbeitet hat und auch die Automobilindustrie zum Beispiel die Dieselmotoren in dieser Hinsicht optimiert hat, blieben die Haushalte mit ihren Bemühungen in den Anfängen stecken. Die zeigt sich auch in der Tabelle. Und in den privaten Haushalten sind es vor allem die Verursacher wie Kerzen, Räucherstäbchen, Zigaretten und Kaminfeuer, die für eine äußerst starke und gefährdende Belastung mit Feinstäuben sorgen.

Feinstaubquelle #1: Zigarettenrauch

Der Rauch von Zigaretten in geschlossenen Räumen lässt die PM10-Belastung dauerhaft um 20 – 50 µg/m3 Luft steigen. Das entspricht somit einer Überschreitung des zulässigen Eu-Grenzwertes um 40% bis 100%. Diese Erhöhung der Belastung wird regelmäßig in Wohnungen von Rauchern gemessen. Die Spitzenkonzentrationen in Raucherwohnungen liegen sogar bei dem Zwanzigfachen des Grenzwerts, nämlich bei bis zu 1.000 µg/m3 Luft. Während die Industrie daran arbeitet, permanent unter um 50 µg/m3 zu bleiben, akzeptieren Raucher unreflektiert Belastungen von um 100 – 1.000 µg/m3 Luft. Dies macht schnell klar, dass hier eine Bewusstseinsveränderung erfolgen muss.

Feinstaub durch Kerzen

Nicht weniger gefährlich sind die Belastungen durch Räucherstäbchen und Kerzen. Wenngleich man hier „nur“ auf eine Belastung von einigen Hundert µg/m3 Luft kommt (immer noch ein Vielfaches des EU-Grenzwerts von 50 µg/m3), so geht von diesen Quellen eine Gefahr für chronische und akute Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Probleme und Krebserkrankungen aus. Es sind also gerade die so stimmungsvollen Momente der kalten Jahreszeit mit Kerzenduft und Moschus- und Sandelholzgerüchen in der Luft, in denen wir unsere Gesundheit höchstselbst schädigen.

Besonders gefährlich: Beim Verglühen der Räucherstäbchen werden die Schadstoffe Benzol und Formaldehyd freigesetzt. Die Bestandteile wie Sägemehl, Harz und Aromastoffen sind hierfür verantwortlich. Brennende Kerzen setzen besonders große Mengen der Feinstaubpartikel frei: es ist das 10- bis 20-fache im Vergleich zu anderen Feinstaubquellen. Besonders ärgerlich: der von den Kerzen emmittierte Feinstaub bleibt über Stunden in der Luft erhalten, wird also auch permanent eingeatmet.

Vier Maßnahmen zur Senkung der Feinstaubbelastung in Räumen

Abschließend möchten wir vier einfache Maßnahmen vorstellen, wie in geschlossenen Räumen ( gilt für Wohnung, Gemeinschaftsräume im Betrieb und im Office ) die Belastung durch Feinstäube gesenkt werden kann.

  1. Keine Räucherstäbchen in Kleinsträumen wie dem WC.
    Gerade in Kleinsträumen ist die Konzentration mit Feinstäuben besonders hoch. Der erzeugt Rauch kann sich nicht verteilen und bleibt durch die fehlende Luftzirkulation zudem noch wesentlich länger erhalten. Folge: eine besonders hohe Feinstaub-Konzentration und ein besonders häufiges Einatmen der Schadstoffe.
  2. Qualität / Hersteller der Räucherstäbchen prüfen.
    Für die Betriebsfeier sollte man auf billige indische Räucherstäbchen verzichten. Hier werden sehr oft synthetischen Grundstoffen wie Moschus-Ambrette in der Herstellung verwendet. Ratten zeigten in Versuchen eine Schädigung des Nervensystems. Daher ist dieser Stoff bei der Herstellung von Kosmetika mittlerweile verboten. Das Gesundheitsbewusstsein und die Verantwortung sind bei den exportorientierten Indern wenig ausgeprägt. Die etwas teureren japanischen Räucherstäbchen werden aus edleren Duftstoffen und Hölzern hergestellt – mit geringeren Belastungen. Das sollten die eigenen Mitarbeiter wert sein.
  3. Brennende Kerzen: nur ein bis zweimal pro Woche und kräftig Lüften.
    In der Vorweihnachtszeit sollte man darauf achten, dass Adventskränze und Kerzen nicht täglich angezündet werden. Ein bis zweimal pro Woche sollten genügen und von einem kräftigen Lüften der Sozial- und Arbeitsräume gefolgt werden. So hält sich der Feinstaub durch Kerzen in Grenzen.
  4. Holzöfen, Kamine, Kachelöfen: regelmäßig kontrollieren lassen.
    Sofern im Betrieb Holzöfen, Kamine, Kachelöfen zum Heizen verwendet werden (z.B. in der Gastronomie) sollte eine regelmäßige Kontrolle sicherstellen, dass die Abgasleitungen dicht sind. Abgase aus Holzfeuerungen, die unbemerkt in den Raum entweichen, können mit ihren Feinstaubpartikeln mit einer besonders hohen Konzentration an den krebserregenden polyzyklischen, aromatischen Kohlenwasserstoffen sehr stark schädigen. Außerdem gelangen die Partikel durch ihre geringe Größe besonders tief in die Atemwege. Kinder sind hier extrem stark gefährdet.

Bildnachweis: © morguefile.com – katmystiry

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