Die in den vergangenen Jahren verstärkt in der Öffentlichkeit diskutierte Erkenntnis, dass viele der uns zur Verfügung stehenden Ressourcen endlich sind, hat auch in der Bauwirtschaft zu einem Umdenken geführt. Mit dem Ziel des Schutzes unserer natürlichen Lebensgrundlagen wird vielfach in die Entwicklung umwelttechnischer Konzepte und Verfahren investiert. Sogenannte grüne Technologien zielen auf einen schonenden und effizienten Umgang mit den vorhandenen Ressourcen und hierbei insbesondere auf eine Minimierung des Energie-, Material- und Wasserverbrauchs. Begriffe wie energetische Sanierung sind mittlerweile im deutschen Bausektor nicht mehr wegzudenken.
Hinsichtlich einer nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen wird heute zunehmend auf die Gewinnung von Rohstoffen Wert gelegt, welche mit einem möglichst geringen Primär-Energiebedarf einhergeht. So erhalten in den Bereichen Wohnungsbau und Gebäudesanierung konventionelle Dämmmaterialen aus Kunstfasern verstärkt Konkurrenz durch heimische ökologische und biologische Baustoffe.
Eigenschaften natürlicher Dämmstoffe
Ökologische und biologische Dämmstoffe weisen im Vergleich zu den herkömmlichen Materialen ähnliche oder zum Teil bessere energetische Eigenschaften wie Wärmedämmfähigkeit und Feuchtigkeitsbindung auf. Allerdings ist die Rohstoffgewinnung mit einem geringeren Energieaufwand verbunden und damit umweltfreundlich, indem beispielsweise energieextensive Recycling-Prozesse genutzt werden. Zudem sind die Produktionsverfahren sowie der Transport mit einer geringeren Kohlendioxid-Belastung verbunden, die Verarbeitung ist aufgrund fehlender Schadstoffe einfacher und auch die Entsorgung gestaltet sich zumeist unkomplizierter.
Ausgewählte ökologische Dämmstoffe im Kurzporträt
Holzfasern und Zellulose
Zu den derzeit gebräuchlichsten natürlichen Dämmstoffen zählen Zellulose und Holzfasern. Während man bei der Herstellung von Zelluloseflocken auf Altpapier zurückgreift, das mechanisch zerkleinert und aufgefasert wird, dient bei Holzfaserdämmplatten entrindetes Restholz als Grundlage, welches zu feinen Holzfasern zerrieben, kurzzeitig erhitzt und aufgrund der Verwendung des holzeigenen Harzes als Klebstoff anschließend ohne Zusätze zu Platten gepresst wird. Bei beiden Dämmmaterialien handelt es sich um heimische Rohstoffe, die auf eine mittlerweile jahrzehntelange Verwendung in der Bauwirtschaft zurückblicken und gegenüber herkömmlichen synthetischen Baustoffen voll konkurrenzfähig sind. So besitzen sie eine hohe Wärmespeicherfähigkeit, sind feuchteregulierend, stellen einen guten Schallschutz dar und bieten flexible Anwendungsmöglichkeiten. Durch Zugabe von Borsalzen erreichen sie die Brandschutzklasse A, wonach sie als normal entflammbar bezeichnet werden.
Flachs, Hanf, Kork und Kokos
Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich Pflanzenfasern wie Flachs, Hanf, Kork, Kokos. Die Basis der entsprechenden Dämmplatten bilden hier im Einzelnen die Stengel der Flachs- und Hanfpflanze, welche bis zur Auffaserung gebrochen und gewalzt werden, die Rinde der in Südeuropa heimischen Korkeiche sowie die äußeren Fasern der Kokosnuss. Zusätzlich zu guten Wärmedämmungseigenschaften eignen sich die hier genannten Dämmstoffe sehr gut für eine diffusionsoffene Bauweise, da sie Feuchtigkeit speichern und wieder abgeben. Insbesondere Kork, Kokus und Hanf stellen zudem einen hervorragenden Schallschutz dar. Der Vorteil der Kokos-Dämmung besteht in der hohen Strapazierfähigkeit und Bruchfestigkeit, jener der Korkdämmung in der hohen Druckbelastbarkeit, wodurch ein vielfältiger Einsatz ermöglicht wird. Eine hohe Resistenz gegenüber Fäulnis und Schädlingen spricht für die Verwendung von Hanf, Kokos und Kork, in geringerem Maße auch für Flachs. Zur Senkung der Entflammbarkeit ist zumeist der Zusatz von Ammoniumphosphat oder -sulfat erforderlich. In Hinblick auf die Ökobilanz schneiden Flachs und Hanf besser ab, da für die Nutzung von Kork und Kokos größere Transportwege erforderlich sind.
Schafwolle
Bei den Dämmmatten aus Schafwolle handelt es sich um das bisher einzig gängige Dämmmaterial aus tierischen Fasern. Nach der Gewinnung der Wolle wird diese zunächst von Verunreinigungen wie Hautschuppen und Pflanzenresten gesäubert. Unter Zugabe diverser Zusatzstoffe wie beispielsweise Borsalz wird die Wolle zu einem Vlies verfilzt. Sie ist besonders elastisch, besitzt sehr gute Wärme- und Schalldämmungseigenschaften und ist in der Lage ein Drittel ihres eigenen Gewichtes an Feuchtigkeit aufzunehmen, ohne negativen Einfluss auf die dämmende Wirkung zu haben. Darüber hinaus wirkt sie luftreinigend, indem sie schädliche Stoffe aus der Raumluft bindet. Als Schutz gegenüber Insekten und Fäulnis kann die tierische Faser im Vergleich zu ihren pflanzlichen Konkurrenten nicht mithalten.
Blähton und Perlite
Im Gegensatz zu den vorher genannten organischen Dämmstoffen stellt hier Gestein die Grundlage dar. Im Fall des Blähtons wird dieses zunächst zerkleinert sowie homogenisiert und im Anschluss stark erhitzt, wobei sämtliche organische Bestandteile verbrannt werden. Bei der Verarbeitung des Silikatgesteines Perlit entstehen durch einen Mahlprozess zunächst kleine Perlitkörner, welche für kurze Zeit erhitzt werden. Die damit einhergehende Aufblähung der Perlitkörner führt zu der wärmedämmenden Wirkung. Die Stärke des Blähtons besteht in der hohen Beständigkeit gegenüber Druck, Feuchtigkeit, Frost und Hitze. Hinsichtlich eines Feuchtigkeitsschutzes ist bei der Perlite-Dämmung ein Hydrophobierungsprozess notwendig. Die Gesteinsbasis beider Dämmstoffe macht sie unverrottbar und resistent gegenüber Schädlinge.
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten natürlicher Dämmstoffe
Blähton und Perlite finden in erster Linie als loser Dämmstoff hinsichtlich einer Schütt- oder Einblasdämmung Verwendung. Auf diese Weise werden Hohlräume von Geschossdecken, Wänden und Fußböden gefüllt. Für die Nutzung als festes Bauteil ist bei der Herstellung von Perlite-Platten die Hinzugabe von Bindestoffen wie Stärke, Zellulose- oder Mineralfasern, bei der Verarbeitung von Blähton zu Leichtbeton-Bauteilen Kalk oder Zement notwendig. Sofern ein Schutz vor Witterungseinflüssen vorliegt, eignen sich Zellulose- und Holzfaserdämmplatten gut für die Außendämmung des Daches sowie zwischen oder unter den Dachsparren. Zellulose als loser Dämmstoff kann zudem in Hohlräume des Daches oder Innenwand-Hohlräume eingeblasen werden. Auch Hanf-, Kork- und Kokosdämmstoffe finden in der Dachaußendämmung und darüber hinaus in der Außendämmung von Fassaden hinter einer entsprechenden Verkleidung Anwendung. Für Maßnahmen der Innendämmung und der Dämmung von Raumtrennwänden kommen vor allem Flachs und Hanf, für die Dämmung von Wänden in Holzrahmen- und Holztafelbauweise darüber hinaus Schafwolle zum Einsatz.
Gewinnbringende Vorteile
Gegenüber konventionellen künstlichen Dämmmaterialien sind mit der Rohstoffgewinnung für die ökologischen Dämmstoffe deutlich geringere Eingriffe in die Natur verbunden. Die Produktion ökologischer und biologischer Dämmstoffe ist – nicht zuletzt durch die Möglichkeit der Nutzung einer Vielzahl an heimischen Rohstoffen – meist ohne großen Energiebedarf möglich und trägt somit zu einer energieeffizienten, ressourcenschonenden Wirtschaft bei. Zusätzlich zur überwiegend sehr gut wärmespeichernden und schallisolierenden Wirkung können die natürlichen Dämmstoffe bis zu 30 Prozent ihres Eigengewichtes an Feuchtigkeit aufnehmen, wobei die dämmenden Eigenschaften in keiner Weise beeinträchtigt werden. Ferner tragen sie zu einer Optimierung der gesundheitlichen Eigenschaften der eigenen vier Wände bei, indem sie als natürliche Abwehr gegen Insekten und Schimmelpilze fungieren. Die Frage nach der Entsorgung gestaltet sich aufgrund der vergleichsweise hohen Freiheit an Schadstoffen zumeist sehr einfach.
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