Die Anzahl der Hersteller, die in diesem Jahr bereits Warnhinweise oder Sicherheitsmeldungen zu ihren Produkten herausgeben oder ganze Produktserien zurückrufen mussten, ist beträchtlich. Allein innerhalb von zwei Monaten, wurden in diesem Jahr schon sieben Produkte zurückgerufen.
Rückstände wie z.B. Plastik in Lebensmitteln: 2016 schon sieben Rückrufe
Das machen die Firmen dann: Sie starten eine Rückrufaktion. Im April musste z.B. Lidl Eier aufgrund eines falschen Mindesthaltbarkeitsdatums zurückrufen, im Februar betraf es die Salami-Eigenmarke „K-Classics“ von Kaufland aufgrund von Salmonellen und ebenfalls im Februar die Grobe Teewurst der Rügenwalder Mühle. Der Grund: Gefahr von E-Coli-Bakterien in den Produkten. An logistischem, medialem und organisatorischem Aufwand übertraf der Vorfall beim US-Süßwaren-Giganten Mars jedoch alles andere mit Abstand.
Eine riesige Rückruf-Aktion wurde Ende Februar gestartet, nachdem eine Verbraucherin aus Norddeutschland in einem Schokoriegel auf ein rund 0,5 Zentimeter langes Plastikteil gestoßen war. Der betreffende Riegel wurde in den Niederlanden produziert. Nach Unternehmensangaben habe sich, während der Produktion, der Plastikdeckel einer Leitung gelöst. Mars erklärte, dass weitere kleinere Kunststoffteilchen sich auch in anderen Produkten befinden könnten und entschied sich zum Rückruf.
Betroffen waren Süßigkeiten, u.a. der Marken Mars und Snickers, mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) vom 19. Juni 2016 bis zum 8. Januar 2017. Mars habe bewusst einen solch langen Produktionszeitraum gewählt, um hundertprozentig sicherzugehen, dass alle evtl. betroffenen Produkte auch zurückgeholt werden. Die Aktion betraf mehrere Millionen Riegel in über 50 Ländern.
So läuft die Informationsspirale
Bei Vorfällen wie diesem, aber auch z.B. bei Plastik-Rückständen in Hundefutter, also bei erheblichen Gesundheitsrisiken für den Verbraucher bzw. Lebewesen ganz allgemein, erfolgt die Informationsübermittlung in aller Regel nach folgendem Schema: wenn die Information über den Fund von Rückständen in Produkten die internen Kommunikations- oder PR-Abteilungen erreicht hat, wird zunächst die Firmenleitung darüber informiert. Im Anschluss setzt das Unternehmen die Handelspartner bzw. den Einzelhandel – zumeist über das hausinterne Krisenmanagement – in Kenntnis, noch bevor man mit der Information an die Öffentlichkeit geht. Erst dann – sowie nach sorgfältiger Erarbeitung eines Rückruf-Ablaufplans – werden Pressemeldungen herausgegeben und die Medien informiert.
Kostspielige und aufwändige Rückrufe wie jener von Mars sind für Unternehmen der Super-Gau. Aber sie sind keine Seltenheit und kommen – wie oben erwähnt – sogar recht häufig vor. Ist ein solcher Fall dem Unternehmen bekannt geworden, muss der Hersteller alles ihm mögliche und zumutbare unternehmen, um die Produkte, die eine Gefahr für die Verbraucher darstellen könnten, wieder einzusammeln.
Dabei ist den Produzenten auch klar: jeden einzelnen Kunden können sie nicht erreichen bzw. jedes, bereits verkaufte Produkt gelangt nicht wieder zurück zum Hersteller oder kann entsorgt werden – trotz der Massenmedien und obwohl die Firma die Informationsspirale in Gang gesetzt hat. Experten sagen aber auch: weil viele solcher Rückrufe – auch bei Mars – präventiv sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass dann noch etwas passiert, eher gering.
Plastik in Lebensmitteln: Erforderliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr
Mars handelte adäquat und zügig und rief alle Produkte des entsprechenden Zeitraums zurück um weitere, mögliche Gefahren für die Verbraucher abzuwenden – trotz nur eines Verdachtsfalls. Weiterhin muss ein Unternehmen alles tun, um Unsicherheiten und Fragen der Verbraucher nach einer Gefahrenmeldung oder einem Rückruf zu klären. Wie Mars es in diesem Fall umgesetzt hat, sollte man eine Notfall-Hotline und ein Kontaktformular – also ein direkte Draht zum Unternehmen – einrichten.
Ein News-Update auf der Unternehmenswebsite, ständige Aktualisierungen und die Pflege der Firmen-Seiten in den sozialen Netzwerken sowie ein Krisen-Blog, können (oder sollen) immer über die neuesten Entwicklungen informieren und für Transparenz sorgen. Ein gutes Beschwerde- bzw. Reputationsmanagement ist für ein Unternehmen hier unerlässlich und essentiell.
In schwierigen Zeiten und nach besonderen Ereignissen wie etwa vor, während oder nach Rückrufen, zeigt sich die Qualität eines Firmen-Beschwerdemanagements – unabhängig vom zurückgerufenen Produkt (ob Eier, Hundefutter oder eben Schokoriegel). Eine der wichtigsten Aufgaben des Beschwerdemanagements ist es, im Unternehmen für einen Prozess bzw. Kreislauf zu sorgen, mit dessen Hilfe Beschwerden von Kunden zufriedenstellend, schnell und umfassend behandelt werden. Die Kundenzufriedenheit muss verbessert, die Kundenbindung gestärkt werden – auch und gerade in Krisensituationen.
Auch nach Verkauf noch Pflicht zur Beobachtung und Qualitätssicherung
Natürlich müssen Hersteller alles in ihrer Macht stehende tun, um solche Rückstände in ihren Produkten, seien es Lebensmittel, Tiernahrung wie Hundefutter oder Spielzeug, zu verhindern. Sollten im Produktionsprozess – egal ob unverschuldet und auch wenn kein menschliches Versagen vorliegt – aber dennoch Fremdkörper in die Waren gelangt sein, erlegt die Rechtsprechung den Unternehmen die Pflicht zur Produktbeobachtung auf.
Damit ist gemeint, dass die Hersteller die Produkte einer „sicherheitsbezogenen Beobachtung“ unterziehen müssen, auch wenn diese bereits im Supermarkt bzw. im offenen Verkauf sind oder schon vom Kunden erworben wurden. Diese Vorgänge werden auch als „Nachmarktkontrolle“ bezeichnet, heißt: nur weil die Produkte mit der Auslieferung an die Supermärkte die Produktionshalle und damit den Hersteller verlassen haben, bedeutet dies nicht, dass dieser nun nicht mehr für seine Waren und die mit ihnen einhergehende Sicherheit verantwortlich ist.
Noch nach dem Verkauf müssen die Firmen also wachsam sein, sich für die Qualität des Produkts interessieren und Sensibilität zeigen für die Frage, ob das Produkt wider Erwarten Sicherheitsmängel oder Gefahren aufweist.
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