Der Begriff „Redox“ ist allen bekannt, die sich mit der Bestimmung der Qualität von Trinkwasser befassen. Doch auch in der Elektrochemie spielt die Redoxreaktion eine wichtige Rolle.
Redox: Übertragung von Elektronen
Die Fachwelt spricht nur noch von Redox, dabei ist dies nur ein Kurzbegriff für die Reaktion mit Oxidation und Reduktion, bei der zwei Reaktionspartner beteiligt sind. Es geht dabei um den Übergang von Elektronen von einem Reaktionspartner zum anderen. Starke Oxidationsmittel sind im Periodensystem der Elemente rechts oben zu finden, dort steht auch der Sauerstoff. Schwefel und Halogenide sind Beispiele für starke Oxidationsmittel. Starke Reduktionsmittel hingegen stehen im Periodensystem links, dazu gehören die Alkali- und Erdalkalimetalle.
Meist ist der Oxidationspartner Sauerstoff, der die Elektronen aufnimmt und selbst dabei reduziert wird. In der Chemie hat eine derartige Redoxreaktion eine große Bedeutung, basieren doch zahlreiche Prozesse (unter anderem Stoffwechsel, Verbrennung u. a.) auf dem Prinzip des Redox durch Elektronenübertragung.
Geht es nun um Trinkwasser, ist Redox auch dort kein Fremdwort. Schon in den 1940er Jahren machte Louis-Claude Vincent auf sich aufmerksam, seines Zeichens nach Hydrologe, der mit der „Bioelektronischen Terrain-Analyse“ befasst war. Er führte Langzeitstudien durch und maß verschiedene Parameter, die für die Bestimmung der Trinkwasserqualität wichtig waren. Seine Forschungen zielten darauf ab, einen Zusammenhang zwischen der Wasserqualität an einem Ort und der Lebenserwartung der Menschen, die dieses Wasser zu sich nahmen, zu finden.
Wenn die Redoxpotentiale einer Flüssigkeit wie Trinkwasser höher sind als die der Flüssigkeiten, die sich im menschlichen Körper befinden, so werden Elektronen aus dem Gewebe und aus den Zellen des Körpers entzogen. Dabei gibt es verschiedene Oxidationsstufen. Gleichzeitig werden Organellen, Membrane der Zellen sowie Nukleinsäuren durch die Oxidation geschädigt.
Forscher wissen heute, dass auch Obst und Gemüse hohe Redoxpotentiale aufweisen und dass der Redox Wert aufgrund des enthaltenen Wassers messbar ist. Hier ist auch der Zusammenhang mit den in der Werbung immer wieder bekannt werdenden freien Radikalen zu finden, denn diesen fehlen Elektronen, die sie sich von den Molekülen des Körpers zurückholen. Sie stören wichtige Prozesse im Körper und sind dabei sogar in der Lage, die DNA des Menschen zu verändern.
Video: Die Bedeutung von reinem Wasser
Redox in der Elektrochemie
Die Redoxreaktion lässt sich auch erzwingen, was im Rahmen der Elektrolyse geschieht. Dabei wird von außen eine Spannung angelegt und führt zum Elektronenübergang. Wird dabei eine messbare Spannung hervorgerufen, sprechen Fachleute von einem galvanischen Element. Die Spannungen sind die genannten Redoxpotentiale, die als elektrochemische Spannungsreihe auf einer Skala dokumentiert werden.
Die Stärke der Oxidationsstufen wird dabei ebenso erkennbar, wie das Reduktionsmittel genannt wird.
Das Prinzip ist bekannt: Eine Elektrolyse findet unter anderem beim Aufladen von Akkus statt, denen dabei elektrische Energie zugeführt wird. Auch das Entladen einer Batterie oder die Stromabnahme aus einer Brennstoffzelle beruht auf diesem Prinzip.
Nun gibt es endlich auch eine sogenannte Redox Flow Batterie, die sich durch die folgenden Aspekte besonders auszeichnet:
- Langlebigkeit
- Kostenersparnis
- Zyklenfestigkeit
- fehlende Brennbarkeit
- recyclingfähig
- gute Anpassung der Leistung
Video: Redox Flow Batterien
Redox Flow Batterien zur Unterstützung der Stromversorgung
Die gesamte Stromerzeugung basiert mehr und mehr auf erneuerbaren Energien. Diese müssen konventionelle Energien ablösen und ersetzen. Doch der Bedarf ist groß und die erzeugte Strommenge nicht konstant genug, um wirklich als verlässlich bezeichnet zu werden. Des Weiteren ist eine Zwischenspeicherung der elektrischen Energie nötig.
Diese Speicherung muss solange erfolgen, bis der Bedarf an Strom konkret vorliegt. Gerade im Rahmen der stetig ausgebauten Elektromobilität spielen diese Faktoren eine Rolle, denn die bisherigen Batteriesysteme sind längst nicht leistungsfähig genug. Außerdem ist das Stromnetz gar nicht dafür ausgelegt, Schnellladestationen von 350 Kilowatt zu bedienen. Auf der anderen Seite ist nicht überall dort, wo der Bedarf für eine Schnellladestation vorhanden wäre, ein Stromnetz vorhanden.
Die gängigen Lithium-Ionen-Akkus sind für derartige Anwendungen nicht wirklich geeignet, denn sie sind nicht zyklusfest genug. Das heißt, dass sie bei einer täglich mehrmals stattfindenden Be- und Entladung nach kurzer Zeit defekt wären. Experten gehen davon aus, dass sie maximal zwei bis drei Jahre durchhalten würden, ehe sie kaputt wären.
Die neuen Redox Flow Batterien überzeugen hier auf ganzer Linie, denn sie sind eben genau das Gegenteil von Lithium-Ionen-Akkus und zeichnen sich durch die oben genannten Eigenschaften aus. Sie sind daher für alle Anwendungen geeignet, bei denen die Batterie bis an die Leistungsgrenze gefordert werden muss. Diese Erkenntnis ist nicht neu, doch bisher waren Redox Batterien immer noch zu teuer, um in Alltagsanwendungen genutzt zu werden. Doch dies hat sich inzwischen geändert.
Endlich günstige Redox Batterien?
Das Fraunhofer UMSICHT hat seine Forschungen vorangetrieben und stellte kürzlich die neuen Redox Batterien vor, die deutlich günstiger sind und endlich die benötigte Rentabilität aufweisen. Volterion, ein Spin-off des Fraunhofer UMSICHT, zeichnet als Hersteller für die Redox Batterien verantwortlich und übernimmt auch die Vermarktung. Doch um zu verstehen, wie die Optimierungen der Batterien durchgeführt wurden bzw. was die Forscher eigentlich verändert haben, muss erst einmal ein Blick in die Redox Flow Batterien geworfen werden.
Diese Batterien bestehen aus sogenannten Stacks. Das sind Zellstapel, die den Strom, der gespeichert werden soll, in chemische Energie umwandeln. Dabei braucht es Elektrolytflüssigkeit, die wiederum die umgewandelte chemische Energie zu speichern vermag. Bisher waren diese Stacks für die hohen Kosten derartiger Batterien verantwortlich. Die Forscher aber konnten das Gewicht der Stacks senken, das jetzt nur noch zehn Prozent des Ursprungsgewichts beträgt. Das wiederum brachte eine deutliche Verringerung der Kosten mit sich. Dies erklärte unlängst Dr. Thorsten Seipp, der früher für das Fraunhofer UMSICHT tätig war und nun als Geschäftsführer bei Volterion agiert.
Bei herkömmlichen Batterien müssen die Stacks pro Zelle zwischen acht und zehn Millimeter dick sein. Doch bei den neuen Stacks reichen schon zwei bis drei Millimeter pro Zelle. Die neuen Redox Batterien liegen aufgrund dieser Einsparung an Material preislich gesehen gleich auf mit den bisherigen Lithium-Ionen-Akkus. Gleichzeitig halten sie aber doppelt so lange, was im Grunde rein mathematisch gesehen eine Halbierung der Kosten bedeutet. Damit werden Redox Flow Batterien erstmals für viele verschiedene Anwendungen nutzbar, weil sie endlich rentabel sind.
Redox Batterien: Die Materialentwicklung macht’s
Normalerweise wird zur Herstellung der Stacks eine Mischung aus Graphit und Kunststoff verwendet. Diese Mischung ist bei der Verarbeitung jedoch nicht stabil und so verlieren die Materialien ihre eigentlich wichtigen polymeren Eigenschaften. Lange Polymerketten werden durch das Mischen zerstört. Damit wiederum ist das Material nicht mehr ausreichend flexibel und deutlich weniger stabil. Es kann nicht verschweißt werden, sondern ist nur noch verschraubbar. Darüber hinaus sind Dichtringe wichtig, damit es keine Lecks gibt.
Zur Herstellung der neuen Redox Flow Batterien aber wurden Material und Prozess der Herstellung komplett überarbeitet. Die Eigenschaften der Polymere bleiben nun erhalten, die Polymerketten werden nicht mehr zerstört. Bleibt das verwendete Material aber flexibel und dabei sehr stabil, kann es deutlich dünner sein.
Die Stacks werden miteinander verschweißt, das Verwenden zusätzlicher Dichtringe ist nicht mehr nötig. Sie brachten ohnehin das Problem mit sich, dass sie einem besonders hohen Verschleiß unterlagen. Die neuen Stacks sind somit günstiger, lassen die Batterien rentabler werden und sind gleichzeitig langlebiger und robuster. Alle schlechten Eigenschaften der früheren Stacks wurden damit ausgemerzt und in eine verbesserte Version umgewandelt.
Video: Elektroautos: Revolutionäres neues Batteriekonzept? – Clixoom Science & Fiction
Einsatz der Redox-Flow-Batterien in verschiedenen Beereichen
Die neuen Redox Flow Batterien finden mittlerweile auch schon Anwendung, sie sind aus der reinen Testphase bereits entwachsen. Ein Beispiel für die Anwendung der modernen Batterien ist eine Kläranlage. Dort wird der Strom aus dem vorhandenen Methan herstellt. In Zukunft sollen jedoch auch erneuerbare Energien genutzt werden, daher wird eine Photovoltaikanlage zugeschaltet.
Die Schwankungen, die sich natürlicherweise in der Stromerzeugung ergeben, sollen durch die Batterie ausgeglichen werden. Diese wiederum soll 100 Kilowatt leisten können und gleich zwei Schwankungen ausgleichen. Zum einen die nicht konstante Erzeugung des Stroms, zum anderen den Verbrauch an sich. Die Kläranlage wird damit so ausgelegt, dass sie ihren gesamten Strombedarf selbst decken kann.
Ein weiterer Einsatzbereich für Redox-Flow-Batterien sind MRT-Scanner in der Medizin. Jedes dieser Geräte bringt eine Leistung von 200 Kilowatt. Diese Leistung ist so hoch, dass der gleichzeitige Betrieb mehrerer Geräte, was in einer Klinik durchaus im Rahmen des Möglichen erscheint, die Leitung rasch überlasten könnte. Wenn man bedenkt, dass das Verlegen einer neuen Leitung bis zu 80.000 Euro pro Kilometer kostet, ist dies keine wirkliche Alternative.
Besser ist es, die Redox Batterie einzusetzen. Diese würde mehrere Be- und Entladungen pro Tag durchlaufen, denn ein MRT-Gerät läuft immer nur wenige Minuten (teilweise bis zu einer halben Stunde) und wird dann wieder in den Ruhezustand versetzt. Die Batterie wechselt damit immer zwischen Be- und Entladen und das mehrmals am Tag.
Die optimierten Redox Batterien sind genau dafür konzipiert worden und halten einer solchen Beanspruchung locker stand. Sie ermöglichen den konstanten Betrieb der Geräte mit der nötigen Energie, die das Stromnetz in der Menge nicht immer zuverlässig liefern kann.
Redox-Flow-Batterien: Weitere Forschungen und Entwicklungen sind nötig
Das Fraunhofer UMSICHT und die Firma Volterion sind aber noch nicht zufrieden. Sie wollen die Kosten für die Batterien noch weiter senken, damit sie in weiteren Geräten und für andere Anwendungen nutzbar werden. Außerdem sollen die Größen der verschiedenen Anwendungen skaliert werden. Bisher sind die Redox Batterien darauf ausgelegt, zwischen 100 und 300 Kilowatt zu leisten.
Die Entwicklung soll bis in den Megawattbereich gehen, das heißt, dass Redox-Flow-Batterien künftig Aufgaben in diesem Bereich übernehmen könnten. Wann die Forschungen und Entwicklungen dahin gehend abgeschlossen sind, ist allerdings noch nicht bekannt.
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