Die Kündigungsfristen im Insolvenzverfahren unterscheiden sich von den Fristen zu anderen Zeiten. Wann liegt sie bei Insolvenz bei 3 Monaten? Für Arbeitnehmer hängt hier viel davon ab, aber auch für den Arbeitgeber und Insolvenzverwalter. Alle Details für diesen schwierigen Fall.
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Insolvenz: 3 Monaten Kündigungschutz steht das Insolvenzrecht evtl. entgegen
Bei einer Insolvenz steht das Thema Kündigung sofort auf der Agenda. Dies ist kein böser Wille des Arbeitgebers, sondern eine bittere Notwendigkeit. Zudem muss auch für Klarheit gesorgt werden. Klarheit bedeutet auch, bei eventuellen Kündigungen die korrekte Kündigungsfrist zu beachten. Hier steht sehr oft eine Kündigungsfrist bei Insolvenz von 3 Monaten im Raum. Doch wie genau verhält es sich damit?
Kündigungsschutz im Insolvenzverfahren
Im Insolvenzverfahren kann nicht einfach eine Kündigung ausgesprochen werden. In diesem Fall ist die Kündigung unwirksam. Anders verhält es sich, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt, dann ist die Kündigung nämlich trotzdem möglich.
§ 113 InsO / Insolvenzordnung
Der § 113 der Insolvenzordnung räumt dem Insolvenzverwalter Möglichkeiten ein, bestehende Arbeitsverhältnisse schneller zu kündigen, als dies eventuell vor der Insolvenz möglich gewesen wäre. Der Insolvenzverwalter kann mit einer Kündigungsfrist (in der Insolvenz) von max. 3 Monaten kündigen. Diese Kündigungsfrist von bis zu 3 Monaten steht auch dann zur Verfügung, wenn ansonsten eine längere Kündigungsfrist gelten würde. Auch wenn der Arbeitsvertrag die ordentliche Kündigung ausschließt und auch wenn diese tarifvertraglich ausgeschlossen ist, kann der Insolvenzverwalter mit einer Kündigungsfrist (in der Insolvenz) von 3 Monaten kündigen.
Vorläufiger Insolvenzverwalter
Der vorläufige Insolvenzverwalter hat diese Befugnisse zur Kündigung bei Insolvenz in 3 Monaten nicht. Dies gilt auch bei einer Anordnung eines vorläufigen Verfügungsverbotes durch das Insolvenzgericht.
Befristete Arbeitsverhältnisse
Eine Sonderstellung haben befristete Arbeitsverhältnisse, wenn für diese keine ordentliche Kündigungsmöglichkeit vor Fristablauf eingeräumt wurde. Hier zahlt es sich jedoch aus, dass der Insolvenzverwalter durch den § 113 der Insolvenzordnung die Möglichkeit hat, bei Insolvenz in 3 Monaten ordentlich zu kündigen.
Der Insolvenzverwalter kann allerdings eine eventuell bestehende kürzere Kündigungsfrist aufgrund anderer gesetzlicher Gegebenheiten nicht nutzen. Hier kann er die Kündigungsfrist von 3 Monaten auf keinen Fall unterschreiten.
Ein Sonderfall tritt ein, wenn die Befristung des Arbeitsverhältnisses unwirksam ist. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) regelt diesen Fall im § 16. Dieser besagt, dass das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Hier kann vom Arbeitgeber nicht vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.
1. Ausnahme
Eine Ausnahme besteht jedoch: eine frühere Kündigung ist möglich, wenn nach § 15 Abs. 3 TzBfG eine ordentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt zulässig ist.
2. Ausnahme
Eine weitere Ausnahme besteht dann, wenn es der sogenannte „Mangel der Schriftform“ ist, der die Befristung des Arbeitsverhältnisses unwirksam werden lässt. Dann nämlich kann man den Arbeitsvertrag auch vor seinem vereinbarten Ende ordentlich kündigen.
Sticht InsO oder TzBfG?
Diese beiden Kontrahenten rangeln um Vorherrschaft in der Kündigungsfrage. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich noch nicht mit dieser Frage zu befassen. Verfolgt man aber die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts, so kann man zur Überzeugung gelangen, dass das BAG dem § 113 InsO Priorität einräumen wird bzw. würde.
Vorsicht: Schadenersatz bei frühzeitiger Kündigung
Die Rechte der Arbeitnehmer werden jedoch auch gewahrt. Dies ist im Besonderen der Fall, wenn der Insolvenzverwalter seine Möglichkeit zur frühzeitigen Kündigung nutzt, um bestehende Arbeitsverhältnisse zu beenden. Wenn der Insolvenzverwalter so verfährt, kann der Arbeitnehmer vom Insolvenzverwalter nämlich Schadenersatz verlangen. Die Höhe des Schadenersatzes beläuft sich auf den Betrag des Verdienstausfalls im Zeitraum bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, die ohne die Sonderrechte des Insolvenzverwalters gegolten hätte.
Arbeitnehmer mit Arbeitsverhältnissen, bei denen eine Unkündbarkeit vorliegt, sind nochmals besonders geschützt. Hier wird der Zeitraum, für den ein Schadenersatz gefordert werden kann, bis zu dem Zeitpunkt in die Länge gezogen, an dem die längstmögliche Kündigungsfist ablaufen würde. Die Schadenersatzfornderung des Arbeitnehmers geht als Insolvenzforderung in das Insolvenzverfahren ein.
Mütter und Elternzeit
Solange die Firma existiert, genießen Mütter und selbst abwesende Mitarbeiter in Elternzeit Schutz vor Kündigung. Wird das Unternehmen schließlich aufgelöst, haben sie Anspruch auf Insolvenzgeld.
Eigenkündigung des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer kann bei Insolvenz auch mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten kündigen, wenn die gleichen Voraussetzungen vorliegen wie auf Seiten des Insolvenzverwalters. Der Arbeitnehmer sollte jedoch beachten, dass in diesem Fall kein Schadenersatzanspruch wie oben beschrieben erwachsen kann.
Aufhebung des Arbeitsvertrags
Bei Aufhebung des Arbeitsvertrags ist es abenfalls ausgeschlossen, dass ein Schadenersatzanspruch wie oben beschrieben entsteht.
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
In vielen Arbeitsverträgen ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Hier stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer auch im Falle der Insolvenz seines Arbeitgebers noch an das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gebunden ist.
Hierbei gibt es mehrere Dinge zu beachten. Zunächst ist der Arbeitnehmer auch im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an das Wettbewerbsverbot gebunden. Allerdings gibt es Fälle, in denen sich dies anders ergeben kann. Da gibt es zunächst den Fall, dass der Insolvenzverwalter entscheiden kann, ob er auf der Einhaltung des Wettbewerbsverbots bestehen will oder ob er auf dessen Einhaltung verzichten will.
Der Arbeitnehmer hat jedoch auch selbst Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen. Immer dann, wenn der Insolvenzverwalter selbst nicht erklärt, ob er auf der Einhaltung des Wettbewerbsverbots bestehen will, kann der Arbeitnehmer von sich aus den Insolvenzverwalter auffordern, dies zu erklären. Hierzu kann der Arbeitnehmer eine Frist setzen. Äußert sich der Insolvenzverwalter nicht innerhalb dieser Frist, dann ist der Arbeitnehmer nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden.
Anspruch auf Arbeitszeugnis
Mit dem Anspruch auf ein Arbeitszeugnis muss sich der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber oder an den Insolvenzverwalter wenden, je nachdem, wann das Arbeitsverhältnis endete.
Arbeitszeugnis: Arbeitsverhältnis endete vor Insolvenzeröffnung
In diesem Fall hat der Arbeitnehmer den Anspruch auf ein Arbeitszeugnis gegenüber dem Arbeitgeber. Dies liegt daran, dass es sich hier um eine Verpflichtung zu einer sogenannten unvertretbaren Handlung (dem Ausstellen des Zeugnisses) handelt. Das ist der Grund, warum dies nicht vom Insolvenzverwalter erfüllt werden muss.
Arbeitszeugnis: Arbeitsverhältnis endete nach Insolvenzeröffnung
In diesem Fall muss sich der Arbeitnehmer an den Insolvenzverwalter wenden, gleichgültig wie lange der Arbeitnehmer zuvor beschäftigt war. In den meisten Fällen wird der Insolvenzverwalter wenig Wissen über die Leistungen des Arbeitnehmers besitzen. In diesem Fall muss der Insolvenzverwalter die nötigen Informationen vom Arbeitgeber erfragen. Dies bestimmt § 97 der Insolvenzordnung.
Insolvenzgeld
Mit dem Insolvenzgeld sollen Ansprüche des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt in den letzten drei Monaten seines Arbeitsverhältnisses gesichert werden, die vor dem Eintritt des Insolvenzereignisses liegen. Endete das Arbeitsverhältsbis vor dem Eintritt eines Insolvenzereignisses, dann kann der Zeitraum von 3 Monaten auch deutlich früher liegen und über die letzten drei Monate vor dem Insolvenzereignis hinausgehen.
Das Insolvenzgeld beruht auf einem möglichen Anspruch des Arbeitnehmers aufgrund dem § 165 Absatz 1 des Sozialgesetzbuchs (SGB) III. Dieser Anspruch überschneidet sich nicht mit den arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruch. Wenn mindestens eines der Insolvenzereignisse
- Insolvenzeröffnung
- Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse
- Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland
(es wurde kein Insolvenzantrag gestellt, das Insolvenzverfahren kommt mangels Masse nicht in Betracht)
eintritt und ein Vergütungsanspruch im Insolvenzgeldzeitraum besteht, sollte der Arbeitnehmer den Antrag auf Insolvenzgeld stellen. Spannend wird es, wenn sich der Arbeitgeber bei der Stilllegung seines Betriebs ins Ausland absetzt. Kann nicht geklärt werden, ob der Arbeitgeber nur zahlungsunwillig oder tatsächlich zahlungsunfähig ist, gibt es keinen Anspruch auf Insolvenzgeld.
Das Insolvenzgeld entspricht der Höhe des Nettogehalts und ist begrenzt.
- In Westdeutschland sind es maximal 5.350,- Euro pro Mitarbeiter
- In Ostdeutschland sind es maximal 4.525,- Euro pro Mitarbeiter.
Das Insolvenzgeld wird dann an die Mitarbeiter aus dem Topf der Arbeitsagentur ausgezahlt. Eine Kündigung vor Verfahrensbeginn verwirkt das Recht des Mitarbeiters auf späteres Insolvenzgeld.
Leistungsverweigerungsrecht
Gibt es für mehr als 3 Monate keine Lohnzahlung, dann dürfen Mitarbeiter ihre Arbeit verweigern. Es ist das sogenannte Leistungsverweigerungsrecht. Ungeachtet dessen hat jeder Arbeitnehmer bis zu seiner Kündigung einen Anspruch auf Entlohnung.
Hinweis:
Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Gerade auch um die aktuelle Rechtssprechung zu berücksichtigen, empfehlen wir unbedingt das Aufsuchen eines Fachanwalts.
1 Kommentar
Ich Suche seit 2002 eine Möglichkeit an ein Insolvenzverfahren zu kommen, ich bin wegen der Arbeitssperre Hartz IV Empfänger und kann deswegen finanziell nicht viel für das Insolvenzverfahren abtreten.