Das Geschäft mit dem Onlinehandel wächst. Weltweit sprießen Anbieter wie Pilze aus dem Boden und sie sind in der Lage, sich mit einem großen Erfolg schnell zu etablieren. Dabei wird es viele Verbraucher überraschen zu hören, dass die Ökobilanz des Onlinehandels miserabel ist. Der bequeme Einkauf übt zunehmend Druck auf unsere Umwelt aus: Vor allem das Weltklima leidet unter den direkten Folgen.
Die Ökobilanz des Onlinehandel: Ein echter Energiefresser
Für den Verbraucher ist das Angebot des Onlinehandels vor allem eines, bequem. Mit ein paar Klicks ist die Bestellung beendet und kurze Zeit später landet das Paket direkt vor der eigenen Haustür. Und wo man sich den Weg in den Laden spart, könnte man doch glatt denken, dass die Massenzustellung durch einen Lkw wesentlich umweltfreundlicher ist, als der Einkauf der Einzelpersonen.
In einer Langzeitstudie der Europa-Universität Viadrina und der Leipzig Graduate School of Management hat sich nun jedoch herausgestellt, dass das genaue Gegenteil der Fall ist. Die Studie gibt an, dass sich ein Online-Anteil von 20 Prozent des Einzelhandels durch eine allgemeine Energiesteigerung von 5,6 Prozent bemerkbar machen würde und das auf die gesamte Bundesrepublik gerechnet.
Solange die modernen Energiequellen im direkten Zusammenhang mit der Bildung von schädlichen Treibhausgasen stehen, bedeutet dies also, dass der Onlinehandel einen negativen Einfluss auf den Klimawandel hat.
Global gesehen werden weltweit weniger als drei Prozent des Energiehaushalts durch erneuerbare Energiequellen gedeckt:
- Biomasse
- Solar
- Wind
Die üblichen Verdächtigen des Onlinehandels sind ökobilanzmäßig nicht das Problem
Wer als Laie über die Ökobilanz des Onlinehandels nachdenkt, der glaubt, die Antwort für die Energiesünder schnell gefunden zu haben:
- Verpackung
- Transport
- Warenlagerung
Allerdings scheint sich dies im Alltag kaum zu bestätigen. Denn obwohl es mit dem Anstieg für das Einkaufen im Internet einen nennenswerten Anstieg in allen drei Bereichen zu verzeichnen gibt, werden die anfallenden Energieträger häufig durch andere Faktoren ausgeglichen. Eine einwandfreie Bilanz ist hier jedoch nur schwer zu erstellen. Denn um im Detail zu überblicken, in welchen Bereichen es tatsächlich zu einem höheren Energieverbrauch kommt, sind Massen von Daten notwendig.
Anhand der Logistik lässt sich diese gut erklären. Innerhalb der Online-Handelskette ist es vor allem der Pakettransport, der jede Menge Energie verbraucht. Es ist also fair zu sagen, dass durch die Bestellung im Internet eine Verbraucherkette in Gang gesetzt wird, die eine nennenswerte Masse von Treibhausgasen produziert. Gleichzeitig fallen unter Umständen jedoch Treibhausemissionen weg, da der Verbraucher den Weg in den Supermarkt nicht selber antritt.
Um eine echte Aussage zu treffen, muss jedoch bekannt sein, welche Art von Energieverbrauch der Kunde für seinen Einkauf normalerweise aufgebracht hätte:
- Er fährt mit einem großen Auto in ein weit entferntes Einkaufszentrum, das von oben bis unten klimatisiert ist?
- Er nutzt öffentliche Transportmittel, um Geschäfte in der Innenstadt aufzusuchen?
- Er nimmt das Fahrrad und kauft im lokalen Supermarkt um die Ecke ein?
Für jedes Einkaufsverhalten fällt der Energieverbrauch anders aus. Im Vergleich zum ersten Beispiel kann der Energieverbrauch mit der Online-Bestellung durchaus geringer ausfallen. Im Vergleich zum Fahrrad ist die Kobilanz ohne Frage negativ.
Video: Schöne neue Shoppingwelt – Konsum als soziale Identität
Die Ökobilanz des Onlinehandels: Der Fokus auf den Transport ist zu kurzsichtig
Wer lediglich über den Transportweg der Waren versucht, die Ökobilanz des Onlinehandels zu verstehen, der ignoriert das Gesamtbild. Denn die Zusammenhänge zwischen der E-Commerce-Plattform und der Steigerung im Energieverbrauch gehen weit über den direkten Zustellungsweg hinaus. So ist es interessant zu betrachten, wie sich das allgemeine Verhalten von Konsumenten und Anbietern wandelt. Nutzt der Verbraucher seine zusätzlich gewonnene Zeit dazu, energielastige Unterhaltungsoptionen zu besuchen, trägt dies negativ zur Gesamtbilanz bei:
- Kino
- Computerspiele
- Fernsehen
- Ausflug mit dem Auto
Wird das zusätzliche Verpackungsmaterial nicht ordentlich recycelt, ist die Umweltbelastung ebenso höher. Einen echten Unterschied können vor allem die Händler und Lieferanten machen, indem sie auf umweltfreundliche Lösungen zurückgreifen. Einige Anbieter haben bereits sehr erfolgreiche Konzepte umgesetzt. Im Folgenden ein paar Beispiele dafür, was man tun kann, um die Ökobilanz des Onlinehandels zu optimieren.
Lieferfahrzeuge mit Elektromotoren
Ein klassisches Beispiel dafür, wie der Energiekonsum auf umweltfreundliche Alternativen umgestellt werden kann, ist der Einsatz von elektrischen Lieferantenfahrzeugen. Die Deutsche Post hat heute bereits eine Reihe von entsprechenden Fahrzeugen im Einsatz. Oftmals ist es bereits von Vorteil, die Fahrzeuge auf dem Lieferantengelände auf Elektromotoren umzustellen.
Hinweis
Moderne Datenanalysen erlauben den Händler, sehr genaue Prognosen für die Produktnachfrage zu treffen. Entsprechend lassen sich Bestellungen und Warenlager optimieren. Dies sorgt nicht für eine finanzielle Effizienz zu jeder Zeit, es minimiert auch Energiekosten, Verpackungskosten und Produktionskosten.
Optimierte Einkaufszeiten sind ein weiterer Weg, um die Ökobilanz im Onlinehandel zu verbessern. Sind Verbraucher in der Lage, den Einkauf schneller abzuschließen, ist der Energieaufwand geringer. Dafür greifen immer mehr Händler auf maßgeschneiderte Tools zurück. Diese helfen dem Kunden bereits vor dem Besuch im Online-Shop, eine gezielte Kaufentscheidung zu treffen.
Der Einkauf selber ist somit schneller abzuwickeln:
- Newsletter
- Filtersuche
- E-Mail-Promotionen
- Datenanalyse
Produkteinformationen werden auf den relevanten Seiten kompakt und leicht zu erfassen präsentiert. Es ist nicht notwendig, mehrere Unterseiten zu öffnen und Bilder, Produktdetails sowie mögliche weiterführende Informationen zu erhalten. Die Kaufentscheidung ist so leichter zu treffen.
Lokal denken: Auch für den Online-Versand
Mit oder ohne Onlinehandel, wer lokal kauft, entscheidet sich für eine bessere Energiebilanz. Pilotprojekte wie das der Gemeinde Günzburg sind daher ein Schritt in die richtige Richtung. Für die Gemeinde mit rund 20.000 Einwohnern gibt es eine lokale Shopping-Plattform. Hier sind bereits 50 Händler in der Region vertreten. Sie bieten ihre Waren ohne eine Zusatzgebühr auf dem Portal an. Der Lieferservice wird ebenfalls über lokal ansässige Unternehmen abgedeckt.
Wichtig
Wird der Fokus auf lokale Anbieter gelegt, kann der Verbraucher aktiv zur Verbesserung der Wirtschaftslage in der eigenen Region beitragen. Dies führt allerdings auch dazu, dass die allgemeine Kaufkraft der Region steigt. Dies wiederum hebt die Energiebilanz an. Die kürzeren Anlieferwege könnten also durch die Kobilanz der zusätzlichen Einkäufe abgefangen werden. Erneut ist für eine genaue Bestimmung eine große Masse an passenden Daten notwendig.
Die Kunden gezielt informieren
Verbraucher sind sich häufig nicht bewusst, dass selbst kleine Kaufentscheidungen sich negativ oder positiv auf die Umwelt ausüben können. So kann es sein, dass ein Produkt von mehreren Händlern zum gleichen Preis angeboten wird. Der Kunde wird sich wahrscheinlich an Kundenrezensionen oder schlichtweg der Optik des Online-Shops orientieren, um eine Entscheidung für den Kauf zu treffen. Die Information über die Lieferdistanz wäre für interessierte Verbraucher ein aussagekräftiger Fakt. So könnte man sich entscheiden, ob die Waren auf eine Reise von 800 Kilometern gehen sollen, bevor sie am nächsten Tag ankommen, oder ob es nur 150 Kilometer sein sollen.
Auch über die durch den Händler verwendeten Verpackungsmaterialien könnte man die Kunden informieren. Wird Plastik für die Verpackung verwendet? Sind die Kartons aus Recycling-Pappe? Achtet der Händler darauf, Kartons in der passenden Größe zu nutzen, um eine Verschwendung zu vermeiden?
Fazit: Die Ökobilanz des Onlinehandels liegt nicht nur bei den Händlern
Wer einen wachsenden Energieverbrauch in die Schuhe der Online-Händler schieben möchte, der hat weit gefehlt. Denn es ist das delikate Zusammenspiel aus Kundenentscheidungen, Händler-Angeboten und diversen Folgereaktionen, das über eine positive oder negative Auswirkung auf die Umwelt entscheidet.
Generell lässt sich beobachten, dass Kunden bereit sind, umweltfreundliche Alternativen zu nutzen, wenn sie angeboten werden. Allerdings müssen die Händler dafür die notwendigen Vorkehrungen treffen.
Um das allgemeine Konsumentenverhalten außerhalb der Onlineshops zu beeinflussen, ist das Thema Aufklärung relevant. Erst dann, wenn der Verbraucher sich den Folgen seines Handelns bewusst ist, kann er aktiv etwas daran ändern.
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