Das Recht auf Sondertilgung fällt in das Rechtsgebiet Bankenrecht. Nicht jede Bank räumt dieses Recht gern ein. Das ist nur logisch, denn der Bank gehen damit Zinsen verloren. Daher haben sich Kreditinstitute vorbehalten, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu berechnen. Nun hat sich auch der Bundesgerichtshof mit der Frage nach dem Sondertilgungsrecht und der Vorfälligkeitsentschädigung befassen müssen. Damit steht ein Stück Bankenrecht auf dem Prüfstand.
Der Fall vor dem Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof hat das Bankenrecht näher unter die Lupe genommen und im Falle einer Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzvereins ein Urteil erlassen: Es ging dabei um einen Darlehensvertrag, bei dem zukünftige Sondertilgungsrechte des Kreditnehmers nicht berücksichtigt werden sollten, wenn die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird. Konkret ging es in dem Fall darum, dass ein Darlehensnehmer seinen Kreditvertrag vorzeitig kündigen wollte. Dies ist auch dann möglich, wenn der Sollzins gebunden ist und wenn der Kredit über ein Grundpfandrecht gesichert ist. Wichtig ist, dass die Fristen, die nach § 488 Abs. 3 Satz 2 gelten, eingehalten werden. Außerdem müssen „berechtigte Interessen“ des Darlehensnehmers vorliegen und der Kredit muss vor mindestens sechs Monaten ausgezahlt worden sein. Als berechtigtes Interesse wird verstanden, wenn der Kreditnehmer das Bedürfnis nach einer neuen Verwertung Sache, die mit dem Darlehen gesichert wurde, hat. Der Kreditnehmer ist dazu verpflichtet, dem Kreditgeber einen durch die vorzeitige Kündigung entstandenen Schaden zu ersetzen.
Zum genauen Sachverhalt
Als Kläger ist ein Verbraucherschutzverein aufgetreten, der eine Sparkasse verklagt hat. Diese Sparkasse vergibt die nach Bankenrecht möglichen Darlehen, die über ein Grundpfandrecht abgesichert werden. Den Kreditnehmern können dabei Sondertilgungsrechte eingeräumt werden. Diese wiederum sind, wie nach Bankenrecht möglich, auf den Zinsfestschreibungszeitraum festgesetzt und in den Besonderen Vereinbarungen zum Kreditvertrag enthalten. Dabei wurde eine Klausel aufgeführt, in der es um die zukünftigen Sondertilgungsrechte bzw. deren fehlende Berücksichtigung bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen ging.
Der Bundesgerichtshof führte dazu aus, dass diese Regelung umfassend formuliert sei und dass sie für einen durchschnittlichen Darlehensnehmer angewendet werden könne. Es wurde dabei von einem juristisch nicht vorgebildeten Kunden ausgegangen – der zum Durchschnitt jeder Bank gehören dürfte – und der einen Darlehensvertrag außerordentlich kündigen möchte. Dazu hat er durch die Ausübung seines berechtigten Interesses nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch das Recht.
Die Klausel, die hier durch die Klage des Verbraucherschutzvereins beanstandet wurde, weicht aber von den Regelungen, die laut Gesetz für das Bankenrecht gelten, ab. Der Darlehensnehmer, der seinen Vertrag kündigt, muss dem Darlehensgeber einen Schaden ersetzen – sofern ein solcher entstanden ist. Dieser Schaden rührt bei einer Bank regelmäßig aus dem Zinsausfall, der aus der vorzeitigen Ablösung oder Kündigung des Kredits rührt. Für diese sogenannte Nichtabnahmeentschädigung gelten bestimmte Grundsätze, nach denen die Höhe des Anspruchs der Bank zu ermitteln ist. Der eigentliche Schaden entsteht dem Kreditgeber durch den Zinsausfall sowie durch den erhöhten Verwaltungsaufwand bei einer Kündigung des Darlehens.
Was sieht das Bankenrecht vor? Weitere Ausführungen des Bundesgerichtshofs
Der entstandene Zinsschaden ist zu ersetzen – diese Ersatzfähigkeit bezieht sich aber nur auf den Zeitraum, in dem die Zinserwartung rechtlich geschützt ist. Dieser Zeitraum wird unter anderem dadurch begrenzt, dass Sondertilgungsrechte vereinbart werden können. Mit diesen Rechten wird zwischen den Beteiligten ausgemacht, dass sie auf der einen Seite ein Teilleistungsrecht des Kreditnehmers begründend, durch das er nicht zur Rückerstattung der Valuta verpflichtet ist und auch keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen muss. Der Darlehensnehmer hatte in dem verhandelten Fall einen Nachteil erlitten, denn künftige Sondertilgungsrechte dürften nicht ausgenommen werden. Sie würden bei einem weiteren Kredit in der Art nicht berücksichtigt werden.
Riesiger Vorteil für den Beklagten
Würden auch künftige Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der im Falle einer Kündigung anfallenden Entschädigung nicht berücksichtigt werden, so würde die Bank nach Ansicht des Bundesgerichtshofs einen zu großen Vorteil erlangen – der Kreditnehmer wäre in jedem Fall im Nachteil. Die Schadensberechnung für die vorzeitige Kündigung erfolgt laut Bankenrecht durch die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. Durch diese erleidet die Bank keinen Verlust, wenn sie einen Kredit gekündigt bekommt. Wenn nun aber auch künftige Rechte ausgenommen werden, so bekommt die Bank einen weiteren Vorteil zugestanden. Der Bundesgerichtshof war daher der Meinung, dass im verhandelten Fall zu Unrecht von der gesetzlichen Regelung abgewichen werden würde und dass sich die betreffende Klausel nicht mit dem Gesetz vereinbaren ließe. Der Kunde sei gemäß den Geboten von Treu und Glauben zu behandeln – eine derartige Benachteiligung steht diesen Geboten aber entgegen und ist daher im Geschäftsverkehr und nach Bankenrecht nicht angemessen bzw. sogar nicht zulässig.
Das Urteil dürfte viele Bankkunden betreffen, die ähnliche Klauseln in ihren Darlehensverträgen haben und die eventuell über eine vorzeitige Kündigung des Kreditvertrags nachdenken oder diese sogar schon eingereicht haben. Wer sich hier mit dem Bankenrecht nicht ausreichend auskennt, sollte in jedem Fall einen spezialisierten Rechtsanwalt zurate ziehen, wenn sich Unklarheiten ergeben oder gar eine Rechtsstreitigkeit droht.
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