Autofahrer wissen natürlich, dass sie eine Haftpflichtversicherung benötigen, um mit ihrem Kfz auf den Straßen unterwegs zu sein. Doch auch für Lkw-Fahrer sieht das nicht anders aus, wobei die Versicherung nicht der Fahrer trägt, sondern die Spedition. Allerdings bedeutet das Fahren eines Lkw ein deutlich höheres Gefahrenpotenzial, daher muss die Versicherung ein wenig anders gestaltet sein.
Großes Fahrzeug, großes Risiko
Wer einmal gesehen hat, wie ein Lkw bremst und welchen Weg er zurücklegt, ehe er wirklich steht, kann verstehen, wenn die Versicherer einen Lkw anders absichern als einen Pkw. Noch schlimmer ist natürlich ein Unfall – der Lkw schiebt einfach alles beiseite, was sich ihm in den Weg stellt. Ein Sattelzug kann bis zu 42 Tonnen wiegen, wobei der Pkw im Durchschnitt nur 1,5 Tonnen wiegt. Der Schaden bei einem Auffahrunfall ist damit verständlicherweise bei einem Lastkraftwagen deutlich größer.
Das Risiko wird auch dadurch vergrößert, dass der Lkw sehr intensiv genutzt wird. Wenn er steht, bringt er dem Spediteur kein Geld. Ein Pkw hingegen dient meist nur der privaten Nutzung und hat dementsprechend lange Stehzeiten.
Lkw versichern: Unterscheidung in privat und gewerblich
Ein Pkw wird eher privat genutzt, ein Lkw gewerblich – Versicherungen unterscheiden in der Ausgestaltung ihrer Verträge zwischen beiden Varianten. Gleichzeitig bieten sie oft eine Art abgespeckte Version der Lkw-Versicherung an, wenn sie diese bis zu 3,5 Tonnen Gesamtmasse des Fahrzeugs anbieten. Diese Variante kann sogar für privat genutzte Fahrzeuge abgeschlossen werden.
Als gewerblich tätig gilt derjenige, der selbstständig arbeitet und das Fahrzeug dafür verwendet, dauerhaft Einnahmen erzielen zu können. Speditionen, Kuriere oder Imbissfahrzeuge sind ohne Zweifel gewerblich einzustufen. Der Privat eingesetzte Lkw dient meist nur der Beförderung von Material und wird vom Unternehmer häufig auch privat genutzt.
Unterschieden wird auch zwischen dem gewerblichen Güterkraftverkehr und dem Werkverkehr. So gilt es Lkw bis zu einem Gewicht von einer Tonne als im Sondertarif zu versichern, dann folgen die Lkw bis 3,5 Tonnen, die auch als Kleinlaster oder Lieferwagen bezeichnet werden. Nun folgen Lkw über 3,5 Tonnen, Zugmaschinen und Anhänger bzw. Auflieger. Wichtig ist aber nicht nur das Gewicht, sondern eben auch die Unterscheidung zwischen Güter- und Werkverkehr. Ein Lkw, der im Werkverkehr eingesetzt wird, darf nicht zum Güterverkehr verwendet werden. Synonym gilt das auch umgekehrt. Als Werkverkehr wird der Transport nur zum eigenen Zwecke gesehen, die Waren dürfen maximal in eigene Zweigstellen transportiert werden.
Einstufungen in der Lkw-Versicherung
In der Lkw-Versicherung wird mit sogenannten Wagniskennziffern gearbeitet. Damit lassen sich die Fahrzeugtypen unterscheiden, wobei statistische Risiken zugrunde liegen.
Ein Beispiel:
- Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, welcher im Werkverkehr eingesetzt wird: Wagniskennziffer 351
- Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, der im gewerblichen Güterverkehr fährt: Wagniskennziffer 361
Derartige Einstufungen gibt es sehr viele und sie erfolgen nach Typ und Nutzungsart geteilt. Wichtig ist aber immer, dass auch Sonderaufbauten oder Anbauteile in die Versicherung mit aufgenommen werden. Dabei liegt das Augenmerk auch auf dem Anhänger – oft ist dieser nur versichert, wenn er an die Zugmaschine gehängt ist. Tritt jedoch ein Schaden ein, wenn der Anhänger abgekoppelt ist, so trägt diesen nicht die Versicherung.
Einflussfaktoren für die Lkw-Versicherung
Wer einen Versicherungsvergleich für eine Lkw-Versicherung durchführen möchte, muss hier wie bei einer Pkw-Versicherung die relevanten Daten parat haben. Denn verschiedene Faktoren bestimmen die Höhe der Versicherung und müssen bei einem Vergleich der LKW Versicherungen oder Flottenversicherungen mit einbezogen werden.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Einflusskriterien:
- Zulässiges Gesamtgewicht des Fahrzeugs in Tonnen
- Zulässige Nutzlast
- Leistung des Fahrzeugs in PS oder KW
- Baujahr des Lkw
- Nutzungsart privat oder gewerblich
- Einsatz im Nah- oder Fernverkehr
- Einsatz im Werkverkehr
- Einsatz im gewerblichen Güterkraftverkehr
- Transport von Stückgut oder Gefahrgut
- Einsatzgebiete (Spedition mit oder ohne Lager, Kurierdienst, Handwerksbetrieb, Dienstleistungsunternehmen)
- Schadenfreiheitsklasse
- Geschätzte Kilometerleistung pro Jahr
- Geplante Einsatzregion
- Aufbauart
- Bisherige Versicherung – gekündigt? Neuabschluss?
- Rabatte für Neufahrzeug oder fahrergebunden
- Gewünschter weiterer Schutz (Teil- oder Vollkasko)
- Ersatz des Zinsschadens bei vorzeitigem Ende des Leasingvertrags
Auch für Lkw sind Typ- und Regionalklasse entscheidend, wobei sich die Regionalklasse nach dem Ort der Zulassung richtet, die Typklasse nach dem Typ des Fahrzeugs selbst.
Die Haftpflichtversicherung für den Lkw
Wie der Name schon sagt, ist die Haftpflichtversicherung eine Pflichtversicherung – ohne Nachweis derselben wird kein Fahrzeug für den Betrieb auf den Straßen zugelassen. Dabei ist diese Versicherung tatsächlich unverzichtbar, reguliert sie doch Schäden an Personen, Sachen und Vermögen bei einem Unfall. Gleichzeitig ist diese Versicherung eine Art passive Rechtsschutzversicherung und wehrt unberechtigte Ansprüche für den Versicherten ab.
Dabei gibt es zu Schadensregulierung Mindestversicherungssummen, die das jeweilige Risiko absichern sollen. Für Personenschäden liegt die Grenze bei 7.500.000 Euro, für Sachschäden bei 1.120.000 Euro und für Vermögensschäden bei 50.000 Euro.
Seitens des Versicherungsnehmers ist es möglich, diese Summen weiter zu erhöhen, das verursacht allerdings auch höhere Prämien. Gerade bei einem Lkw ist die Schadensumme oft sehr hoch, daher sei anzuraten, die Versicherungssumme generell nach oben tendieren zu lassen. Die Mindestversicherungssummen sind meist zu gering, vor allem dann, wenn ein Personenschaden auftritt. Das Problem an zu niedrigen Deckungssummen ist, dass Halter und Fahrer des Fahrzeugs persönlich haften – mit ihrem gesamten Vermögen und notfalls ein Leben lang. Eine Entschuldung über die Privatinsolvenz kommt in einem solchen Fall auch nicht infrage, weil Verpflichtungen zum Schadenersatz von dieser ausgeklammert sind.
Die Kaskoversicherung
Die Kaskoversicherung ist keine Pflichtversicherung für Lkw, ratsam ist ein Abschluss zumindest der Teilkasko dennoch. Der Grund: Ein Lkw ist die Existenzgrundlage des Spediteurs. Verschuldet der Fahrer einen Unfall und wird das Fahrzeug dabei beschädigt, bekommt der Halter keinen Ersatz. Die Haftpflichtversicherung zahlt für selbst verschuldete Schäden am eigenen Fahrzeug nicht!
Die Unterschiede zwischen der Teil- und der Vollkaskoversicherung sind immens. Denn die Teilkasko ist für die Begleichung von Schäden durch Zerstörung, Beschädigung oder Verlust zuständig, auch bei Tierbiss, Wildunfällen oder Glasbruch tritt sie in Leistung. Ein Lkw ist immer der Witterung ausgesetzt – wird beispielsweise die Plane durch einen Hagelschauer zerstört oder läuft ein Wildschwein in die Seite, trägt den Schaden die Teilkaskoversicherung.
Die Vollkasko hingegen übernimmt alle Schäden, die am eigenen Fahrzeug entstehen, sofern der Fahrer den Unfall selbst verschuldet hat und keine weiteren Fahrzeuge involviert sind. Auch dann, wenn der Unfallgegner Fahrerflucht begeht oder wenn der Lkw durch mut- oder böswillige Zerstörung durch dritte Personen Schaden nimmt, trägt die Vollkasko die Kosten.
Für die Kaskoversicherungen kommen ebenso wie für die Haftpflichtversicherung Schadenfreiheitsrabatte infrage, mit denen die Prämien nach unten korrigiert werden.
Flottenversicherung für Lkw
Viele Versicherer bieten Flottenversicherungen an, über die gleich mehrere Fahrzeuge des Versicherungsnehmers abgesichert werden können. Dabei gibt es nur eine Police, die aber für alle dort versicherten Fahrzeuge gilt. Der Aufwand ist für den Versicherungsnehmer deutlich geringer, als wenn er selbst dafür sorgen müsste, dass jeder Lkw einzeln abgesichert wird. Meist müssen mindestens drei Fahrzeuge versichert werden, damit die Flottenversicherung möglich ist. Dabei sind die Bezeichnungen für derartige Versicherungen unterschiedlich: Bis zu einer Zahl von 15 Fahrzeugen gilt sie als Kleinflotten-Versicherung, danach folgt bis zu 30 Fahrzeugen die Fuhrpark-Versicherung. Sind noch mehr Fahrzeuge zu versichern, kann das Stückpreismodell verwendet werden.
Weitere Absicherungen für Halter von Lkw
Wird der Lkw im gewerblichen Güterverkehr eingesetzt, so muss der Halter des Fahrzeugs – sofern dieses mehr als 3,5 Tonnen wiegt – eine Frachtführer-Haftpflichtversicherung abschließen. Außerdem ist die Warentransportversicherung wichtig, des Weiteren sollte eine Betriebshaftpflichtversicherung vorliegen. Da Lkw intensiv eingesetzt werden und das Unfallrisiko entsprechend groß ist, können auch Rechtsschutz- und Unfallversicherung nötig werden.
Möchte sich der Halter des Lkw umfassend absichern, steht eventuell eine Nutzungsausfallversicherung im Raum, die immer dann sinnvoll ist, wenn der Lkw beispielsweise unfallbedingt nicht eingesetzt werden kann. Stehzeiten kosten aber Geld! Diese Versicherung wird zusätzlich zur Kasko-Versicherung angeboten und soll eine Entschädigung für den Nutzungsausfall des Fahrzeugs darstellen. Maximal geht die Versicherung 14 Tage in Leistung, dafür aber auch bei selbst verschuldeten Unfällen.
Für den Transport umweltgefährdender Stoffe gibt es eine Umweltschaden-Versicherung, die den Halter des Lkw in die Pflicht nimmt, Schäden nach dem Umweltschadengesetz zu regulieren.
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