Online Supermarkt: Supermarkt-Ketten gegen Amazon

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Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Aber ist das auch beim Vorstoß des Online-Händlers Amazon im Bereich von Supermarkt-Ware wie Gemüse & Getränken so?

Amazon vs. Supermarkt-Ketten

Die Lieferung von Bananen, Zucchinis, Eiern, Brot und Bier: Der Amazon Fresh-Dienst macht Supermärkte in letzter Zeit gehörig zu schaffen. Verfügbar ist das Amazon-Angebot bereits in Städten wie Potsdam, Berlin, Hamburg und München.

Bestellt über die Amazon Prime Now-App, ist die Ware im gewünschten Zeitfenster innerhalb von wenigen Stunden da. Prime Now liefert von Montag bis Samstag von 08:00 Uhr bis 24:00 Uhr, die Lieferung innerhalb einer Stunde kostet 7,99 Euro Aufpreis. Innerhalb eines 2-Stunden-Fensters kostet die Lieferung 3,99 Euro für Bestellungen unter einem Wert von 40 Euro, ab einem Wert von 40 Euro ist sie kostenlos. Sonntags gibt es keinen Lieferservice.

Bestellt über den Online Supermarkt Amazon die Prime Now-App, ist die Ware im gewünschten Zeitfenster innerhalb von wenigen Stunden da. (#01)

Bestellt über den Online Supermarkt Amazon die Prime Now-App, ist die Ware im gewünschten Zeitfenster innerhalb von wenigen Stunden da. (#01)

Eigener Logistik-Supermarkt

In München zum Beispiel wurde dafür zentral an der Hopfenpost auf 2.200 Quadratmetern ein eigener Zuliefer-Supermarkt mit Lagerflächen und Großkühlschränken eingerichtet, um die schnelle Lieferung jederzeit gewährleisten zu können. Der Service funktioniert bestens, bestätigen viele Nutzer aus der Praxis: Die bestellte Ware kommt im versprochenen Zeitfenster, auch das Obst und Gemüse ist immer frisch und in sehr guter Qualität. Wenn es einen Grund zur Beanstandung gibt, regelt der Amazon Reklamations-Service schnell alle Beanstandungen.

Angriff auf den alteingesessenen Handel

Viele betrachten den Amazon-Vorstoß als einen groß angelegten Angriff auf den alteingesessenen Handel – sowohl auf die stationären Filialen, aber auch im Bereich online. Vielleicht sogar zu Recht. Einzelhandels-Ketten wie REWE, Edeka & Co., die ebenfalls einen Lieferservice anbieten, werden quasi überrollt: Keiner hat bis jetzt mit einer so schnellen und enormen „Aufrüstung“ Amazons in diesem Bereich gerechnet. Der Logistik-Konzern mit dem großen A verspricht außerdem, den gewünschten Warenkorb in bestimmten Gebieten innerhalb eines Zeitfensters von einer Stunde zu liefern. Was die Einzelhandelsketten bisher so nicht hinbekommen.

Stationäre Supermärkte werden bedroht

Der Markteintritt Amazons könnte auch zu einer Verdrängung der Filialen von Edeka, Rewe, Kaufland und Real führen, befürchtet Manfred Zilling, Professor für Wirtschaftsinformatik an der PFH Göttingen, wenn sie nicht schnell darauf reagieren. Neue Ideen sind also gefragt, um das Einkaufen vor Ort wieder attraktiv zu machen oder auch Maßnahmen, zielgenauer auf Kundenwünsche einzugehen.

Der Markteintritt des Online Supermarktes Amazons könnte auch zu einer Verdrängung der Filialen von Edeka, Rewe, Kaufland und Real führen. (#02)

Der Markteintritt des Online Supermarktes Amazons könnte auch zu einer Verdrängung der Filialen von Edeka, Rewe, Kaufland und Real führen. (#02)

Ideen, die das Geschäft beleben sollen

Der stationäre Handel holt also so nach und nach auf und stellt sich der Konkurrenz. Tatsächlich haben Edeka, Rewe & Co. bereits Maßnahmen zum Gegenschlag im Programm – und zwar im stationären Handel: Supermarkt-Ketten testen völlig neue Werbearten. Jüngstes Beispiel: die Penny Burger-Aktion im Sommer 2017, entworfen von der renommierten Münchner Werbe-Agentur Serviceplan.

Immer öfter werden auch Prominente eingespannt, um Ware ihren Namen zu geben. Man denke an die Discounter-Aktionen mit Jette Joop, Heidi Klum, Alfons Schuhbeck und einige mehr. Mit diesen „Zugpferden“ sollen Kunden in die Läden gelockt werden. Außerdem setzen stationäre Händler mehr auf Wohlfühl-Atmosphäre. Weiter wird an Lösungen gearbeitet, die ganz ohne Kassen auskommen, um den Kunden den Einkauf so komfortabel wie möglich zu machen.

Real tritt an mit Gesichtsanalyse

Real hat bereits im Bereich der maßgeschneiderten Werbung ein Zeichen gesetzt: In einigen Filialen der Supermarkt-Kette werden Werbebildschirme an der Kasse getestet. Hier erkennt eine Software, ob der Kunde vor dem Bildschirm weiblich oder männlich, alt oder jung ist. Nach Angaben von Real werden bei diesem Verfahren die Daten nicht gespeichert. Ganz wichtig: Es seien auch keine Rückschlüsse auf die Identität der Kunden möglich. Warum das Ganze?

Die Software hat ihren Ursprung beim Fraunhofer-Institut in Erlangen, wo Forscher an einem Algorithmus arbeiten, der das Alter, Geschlecht und Emotionen anhand von Gesichtern analysiert und über die Mimik herausfindet, ob die Person gerade glücklich, überrascht oder traurig ist und noch viel wichtiger:  Was uns gefällt und was uns nicht gefällt.

Damit können Supermärkte künftig gezielt herausfinden, wie gut ein Produkt oder die Werbung bei einer bestimmten Zielgruppe ankommt. Allerdings gab es massiven Protest dagegen, der Test wurde eingestellt.

Online Supermarkt: In einigen Filialen der Supermarkt-Kette Real werden Werbebildschirme an der Kasse getestet. (#03)

Online Supermarkt: In einigen Filialen der Supermarkt-Kette Real werden Werbebildschirme an der Kasse getestet. (#03)

Supermarkt der Zukunft

Einige Tests zu maßgeschneiderter Werbung laufen auch schon im „Supermarkt der Zukunft“ im saarländischen St. Wendel: Mit Datenverbindungen zum Handy der Kunden und einer Tracking-Funktion wird getestet, wo genau sich die Kunden im Laden aufhalten. Aus diesen Daten analysieren Forscher das Konsumverhalten des Kunden, um auf ihn zugeschnittene Werbung zielgenau abzuspielen. Weitere Neuheiten sind in diesem Bereich Läden, die ganz ohne Kassen auskommen, an der Kunden warten müssen. Schnell ist der zum Beispiel der online-Check-Out: einfach per Smartphone oder Fingerabdruck.

Einkauf zum Erlebnis machen

Der stationäre Einzelhandel ist nicht mehr zeitgemäß, das haben bereits viele Händler festgestellt. Doch was tun? Er muss sich neu erfinden, um gegen Konkurrenz aus dem Online-Bereich bestehen zu können. Weil man im stationären Handel nicht jederzeit Waren ins Körbchen legen kann, sondern an Öffnungszeiten gebunden ist, muss der Einkauf zum Erlebnis werden. Zum Beispiel mit Events, etwa Inhouse-Grill-Shows mit Verkostung und Programm. Denn hier tut sich Online-Handel schwer, mitzuhalten.

Weil man im stationären Handel nicht jederzeit Waren ins Körbchen legen kann, wie im "Online Supermarkt", sondern an Öffnungszeiten gebunden ist, muss der Einkauf zum Erlebnis werden. (#04)

Weil man im stationären Handel nicht jederzeit Waren ins Körbchen legen kann, wie im „Online Supermarkt“, sondern an Öffnungszeiten gebunden ist, muss der Einkauf zum Erlebnis werden. (#04)

Ausblick in die USA

Die stationären Einzelhändler müssen sich zukünftig auf weiter verschärfte Bedingungen gefasst machen: Neben Amazon weitere reine Online-Supermärkte in den Startlöchern. Darüber hinaus experimentiert Amazon in den USA mit einem eigenen stationären Supermarkt: Amazon Go soll den Vor-Ort-Händlern noch mehr Konkurrenz machen.

Auch im Online-Bereich Verbesserungen

Supermarkt-Ketten wie Edeka und Rewe haben als Reaktion auf den Markteintritt Amazons bereits ihr Liefer-Angebot erweitert, darüber hinaus will Edeka auch die Lieferzeit des hauseigenen Lieferdienstes verkürzen.

Insgesamt tummeln sich auf dem Online-Supermarkt-Segment neben Amazon folgende Anbieter:

  • freshfoods.de
  • bringmeister.de
  • allyouneed.de
  • food.de
  • rewe.de
  • lebensmittel.de
  • mytime.de
  • bringmirbio.de
  • edeka-lebensmittel.de

Sie alle haben unterschiedliche Lieferbedingungen, Mindestbestellwerte und Lieferzeiten. Ein Test lohnt sich daher.

Marktvolumen online steigt rasant

Das Wachstum im Online-Lebensmitteleinzelhandel soll weiter steigen: Die Marktforscher YouGov bezifferten das Marktvolumen im Online-Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland Ende 2016 bei rund drei Milliarden Euro – das entspricht bisher zwar nur etwa einem Prozent des Lebensmittel-Einzelhandels. Die Tendenz steigt: Die Trendforscher schätzen eine Verzehnfachung in den nächsten drei Jahren.

Jeder Dritte hat schon einmal online bestellt

Wie die YouGov-Umfrage weiter herausgefunden hat, hat bereits jeder dritte Internetnutzer (32 Prozent) schon einmal Lebensmittel online bestellt, wobei vor allem die reicheren Haushalte online einkaufen. Ein großes Kauf-Potenzial steht hier also zur Verfügung. Auch von denen, die bisher noch nie Lebensmittel im Online-Supermarkt bestellt haben, könnte es sich jeder Dritte vorstellen, dies in naher Zukunft zu tun. Potenzial nach oben ist also reichlich da.

Video: Amazon startet Lieferdienst für Lebensmittel in Deutschland

Noch kein Vertrauen in die Kühlkette

Viele derjenigen, die bereits online bestellen (72 Prozent), halten sich bisher jedoch lieber aber an Dinge, die nicht gekühlt werden müssen, Kaffee oder Tee beispielsweise. Frisches Obst, Gemüse oder andere Waren wie Milchprodukte oder Fleisch aus dem Kühlregal über einen Online-Supermarkt zu bestellen, trauen sich bis jetzt nur 22 Prozent, so YouGov.

Preis gibt bei Online-Bestellung den Ausschlag

Allerdings sind Kunden bei Online-Supermärkten auch wählerisch, wie YouGov weiter herausfand. Online-Supermärkte werden auf Herz und Nieren geprüft und Tests durchgeführt, welche Leistungen jeweils am besten sind: 75 Prozent, also drei von vier Befragten, gaben in der Marktumfrage an, dass es ihnen „sehr“ oder „äußerst wichtig ist“, dass die Waren online genauso viel kosten wie im Laden. Eine kostenlose Lieferung wünschten sich zwei Drittel der Befragten (67 Prozent). Ganz wichtig war den künftigen Online-Supermarkt-Kunden auch ein übersichtlichen Online-Shop (69 Prozent).

Empfehlungen für Ware dank Datensammlung

Amazon wird mit Frischware zunächst keine großen Umsätze erzielen, glauben Marktkenner. Was für den Online-Händler jedoch sehr wertvoll ist: Das Unternehmen einen sehr großen Kundenstamm (laut Statista hat Amazon in Deutschland fast 44 Millionen regelmäßige Kunden) und kennt die Kaufhistorie ihrer Kunden und damit ihre Vorlieben. So können gezielt zusätzliche Kauf-Empfehlungen abgegeben werden, die der Kunde vermutlich dann auch gleich brav ins Warenkörbchen legt.

Rewe zieht nach beim Online-Lebensmitteleinzelhandel

Der Kölner Rewe-Konzern will nun noch tiefer in die Tasche greifen und in das Onlinegeschäft mit Lebensmitteln mehr investieren. Der Online-Handel mit Lebensmitteln wird weiter wachsen, glaubt auch Rewe-Chef Lionel Souque und meint, dass langfristig zehn Prozent des Umsatzes in dem Segment online stattfinden könnten.

Der Handelsriese plant ein neues Lager nahe Köln, von hier aus sollen frische Lebensmittel weitgehend automatisiert versendet werden. Hiermit wappnet sich Rewe gegen immer größer werdenden Anteil des Internet-Giganten Amazon, der mit Fresh sicherlich weiter Erfolge haben wird – dank der bewährten und unkomplizierten Bestellweise, die Amazon-Kunden seit Jahren schätzen.


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