Da hat es Claudia Roth aber böse getroffen: Ein Shitstorm sondergleichen ist über sie hereingebrochen. Dabei ist sie völlig unschuldig in diese Misere geraten, denn es gibt verschiedene Briefe, Zitate und Bilder im Internet zu sehen, die angeblich von bestimmten Persönlichkeiten stammen. Allen gemein ist aber nur, dass sie gefälscht sind. Roth wird nun mit den schrecklichen Vorfällen von Köln in Verbindung gebracht – leider aber nur im negativen Sinne und ohne eigenes Zutun.
Roth: Das soll sie gesagt haben
Von Roth kursiert ein Zitat im Netz, bei welchem man als Leser durchaus annehmen könnte, dass sie ein wenig im Traumland lebt. Roth soll gesagt haben, dass sich die Bürger mehr an den Werten des Islam orientieren sollten, denn hier gäbe es Lösungsansätze, mit denen Übergriffe sexueller Art auf Frauen unterbunden werden könnten. Hier sind – bildlich gesprochen – sofort die vielen Fragezeichen in den Augen der Leser zu sehen. Sollte Claudia Roth so etwas tatsächlich gesagt haben?
Das Internet ist das beste Mittel zur Verbreitung von Zitaten, Bildern und Aussagen, die nicht der Wahrheit entsprechen. Egal, in welchen Bereich des täglichen Lebens hier geschaut wird, Falschmeldungen sind überall und zu jedem Thema zu finden. Vor allem dann, wenn emotionale Themen betroffen sind, werden die Leser aufmerksam und scheinbar auch leichtgläubiger. So konnten auch die Vorfälle in Köln einen guten Nährboden liefern, aus dem sich diverse Falschmeldungen zusammenbrauen konnten. Wer dieses Weltbild, das hier verbreitet werden soll, teilt, wird natürlich rasch zum Teiler dieser Nachrichten und glaubt sogar noch selbst an die Inhalte der News.
Claudia Roth und die Meldungen auf Facebook
Facebook ist nicht nur ein wunderbares soziales Medium, um mit Freunden und Bekannten in Kontakt zu bleiben. Nein, hier lassen sich Falschmeldungen wie ein Lauffeuer verbreiten, denn durch das Teilen in verschiedenen Gruppen werden viele Tausende Menschen gleichzeitig erreicht, die die Meldung kurzerhand wieder teilen. So spielte denn auch Facebook der Roth übel mit, indem hier das oben bereits beschriebene Zitat geteilt wurde. Um die Wahrheit herauszufinden, muss allerdings genau hingesehen werden, denn in der Ecke des Bildes gibt es den Hinweis, dass es sich um einen satirischen Beitrag handelt. Dieser wurde aber entweder überlesen oder bewusst nicht wahrgenommen. Auf jeden Fall zeigt dies ein deutliches Problem der Kommunikation im Internet auf: Satire kommt hier oft nicht beim Adressaten an. Erschwerend kommt hinzu, dass Facebook den Bildrand ein wenig ungünstig beschnitten hat – beim Posten ist der kleine Satire-Hinweis nämlich verschwunden. Was soll der Leser nun glauben? Das, was er von Frau Roth weiß oder das, was er hier liest? Genau, wenn man den Menschen nicht persönlich kennt, sind solche Zitate doch wahrheitsgemäßer als alles andere – oder?
So reagieren die Mitarbeiter von Claudia Roth
Frau Roth kann jedoch auf ihre Mitarbeiter bauen, wenn sie schon selbst keine Dementi loslässt. Diese Mitarbeiter reagieren nämlich auf jeden Post mit dem Kommentar, dass das Zitat eben nicht von der Roth stammt und dass sie nicht einmal eine ähnliche Aussage getroffen habe – zu keinem Zeitpunkt. Auch der Inhalt der Aussage stimme nicht mit der Einstellung von Claudia Roth überein. Daher fordern die Mitarbeiter die jeweiligen Seitenbetreiber auf, diesen Beitrag sofort zu löschen.
Nun stellt sich das Problem, dass der Hinweis auf die Löschung zwar sinnvoll ist, in der Realität aber kaum umgesetzt werden kann. Denn die Falschmeldung verbreitet sich in der Regel schneller weiter als die Richtigstellung oder die Löschung. Apropos Falschmeldung und rasche Verbreitung: Es gab auch ein Video von der Nacht in Köln, das die ganze Misere zeigen sollte. Dieses Video kennt inzwischen die halbe Welt – dabei ist es falsch! Es wurde zu einer ganz anderen Zeit und sogar noch an einem anderen Ort aufgenommen. Das weiß jedoch kaum jemand und so wird das Video immer noch betroffen geteilt. Dass sogar der Verursacher dieses Schwindels längst eine Richtigstellung veröffentlicht hat, ist nicht bekannt oder wird ignoriert. Teilweise ist fast anzunehmen, dass die Richtigstellung eher als Falschmeldung gesehen wird als der ursprüngliche Fake-Post.
Arme Claudia Roth: Hetzbrief kursiert ebenfalls im Netz
Frau Roth könnte – gelinde gesagt – als ein wenig gebeutelt bezeichnet werden. So verschickte ein Unbekannter einen Brief, der angeblich von Claudia Roth stammen sollte und in dem sie Frauen auffordert, sich doch mit „sexuell bedürftigen“ Flüchtlingen abzugeben. Das Büro von Frau Roth hat zwar Anzeige erstattet, der Schaden kann allerdings nicht ohne Weiteres wieder gutgemacht werden. Das Schreiben selbst sah durchaus offiziell aus und so verwundert es nicht, dass es durchaus Menschen gibt, die der Sache Glauben schenken. Der Brief selbst ist mit einer Zeichnung ausgestattet, auf der Roth ein Kopftuch trägt, außerdem ist ihre Unterschrift unter dem Schreiben zu finden – natürlich ebenfalls nicht echt. Der Brief ist schon seit Ende Dezember 2015 im Umlauf, er wurde sozusagen in einer zweiten Welle nach den Ereignissen der Silvesternacht in Köln verschickt. Anzeige wurde wegen Dokumentenfälschung erstattet.
Roth ist schon des Öfteren in der Kritik gewesen, weil sie sich für eine humanitäre Flüchtlingspolitik einsetzt. Dies wurde jetzt ausgenutzt, und zwar von rassistischen Hetzern und Betrügern. Erfundene Zitate von Roth werden eingestreut, die ihre Wirkung leider bisher nicht verfehlt haben.
Claudia Roth schweigt zu dem oben genannten Zitat sowie zu dem Schreiben, welches offensichtlich nicht der Wahrheit entspricht und gegen das nun vehement vorgegangen wird. Frau Roth äußerte sich aber zu der Debatte über die Internet-Hoaxes, die Falschmeldungen im Netz, sowie über die allgemeine Flüchtlingspolitik und sagte gegenüber dem „stern“, dass die Debatte im Netz nichts mehr mit der demokratischen Grundeinstellung der Menschen zu tun habe. Die Verrohung der Menschen hätte Frau Roth in Deutschland in dieser Art wohl nie vermutet und sie mache sich Sorgen über den allgemeinen Hass, der hier verbreitet wird. Die Menschen müssten sich daher der Entgrenzung entgegenstellen, sofern sie weiterhin in einem demokratischen und liberalen Land leben wollten, wobei das Problem der Entgrenzung augenscheinlich vor allem über das Internet kommt.
Derzeit arbeiten die Mitarbeiter von Frau Roth nun also daran, die ganze Sache wieder zu bessern und dafür zu sorgen, dass die Falschmeldungen aus dem Netz verschwinden. Ob sie dies schaffen, bleibt abzuwarten, allerdings ist es mit den Internet-Hoaxes wie mit vielen Dingen: Ein bisschen des Negativen bleibt erhalten und so ist es nicht verwunderlich, wenn auch noch in einigen Jahren so mancher Mensch sagt: „Claudia Roth, ist das nicht die Grünen-Politikerin, die dazu aufgefordert hat, sich mit dem Islam zu identifizieren?“ Leider bleiben viele Falschmeldungen im Netz länger im Gedächtnis haften als Richtigstellungen und wahre Taten.
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