Beschäftigen sich Artikel und Berichte mit der Finanzierung von Immobilien, steht in den meisten Fällen die private Immobilienfinanzierung im Fokus. Neben Wohnimmobilien wurden in Deutschland in den vergangenen Jahren eine rekordverdächtige Zahl an Gewerbeimmobilien neu errichtet.
Zwischen beiden diesen beiden Immobilienformen offenbaren sich bei genauerer Betrachtung erhebliche Unterschiede bei der Baufinanzierung. Ähnelt sich die Antragsstellung noch sehr, ergeben sich im weiteren Verlauf Unterschiede. Worauf bei der Baufinanzierung einer Gewerbeimmobilie zu achten ist, offenbart dieser Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Definition einer Gewerbeimmobilie
Eine Wohnimmobilie ist ein Objekt, das primär privat genutzt wird zum Wohnen. Von untergeordneter Rolle ist, ob in der Wohnung oder dem Haus am Meer auch gearbeitet wird, etwa im Homeoffice während der Corona-Pandemie.
Anders sieht es bei einer Gewerbeimmobilie aus. Bei dieser Form handelt es sich um ein Gebäude oder ein Grundstück, nicht ausschließlich privat genutzt wird. Im Vordergrund steht der Wunsch, mit einer Gewerbeimmobilie Erträge zu erwirtschaften. Die Gewerbeimmobilie ist Voraussetzung dafür, beruflich aktiv zu sein. Ein Zahnarzt braucht eine Praxis zum Arbeiten, ebenso der Gemüsehändler für den Verkauf seiner Waren.
In einer Gewerbeimmobilie muss nicht zwingend ein Unternehmen beheimatet sein. Als gewerblich wird eine Immobilie auch bei öffentlicher Nutzung angesehen, wenn etwa eine Stiftung oder eine Behörde die Räumlichkeiten nutzt.
Finanzierung der Gewerbeimmobilie
Oberflächlich betrachtet zeigen sich bei der Finanzierung einer Gewerbeimmobilie keine Unterschiede zu einer Wohnimmobilie. Nach erfolgreicher Antragstellung und genehmigter Baufinanzierung für die Immobilie zahlt der Antragsteller innerhalb eines festgelegten Zeitraums einen Kredit an den Kreditgeber zurück. Die Unterschiede zeigen sich im Detail.
Die Bewertung einer Gewerbeimmobilie erfolgt auf Basis des Ertragswertverfahrens. Bei Wohnimmobilien kommt im Gegenzug das Sachwertverfahren zur Anwendung. Die Immobilie wird anhand der vermutlich erzielten Netto-Erträge bewertet.
Das Ertragswertverfahren ist deutlich komplizierter und führt zu anderen Ergebnissen. Zur Folge hat das eine komplexere Finanzierung mit abweichenden Konditionen, die individuell mit dem Geldgeber zu vereinbaren sind.
Besonderheiten bei der Bewertung
Für die Bewertung der Gewerbeimmobilie ist nicht nur die gewünschte Nutzung von Bedeutung. Bei der Berechnung spielen weitere Faktoren eine Rolle.
Dazu zählen:
- Die Art der Gewerbeimmobilie
- Aktuelle Rechtsvorschriften vor Ort
- Lokale Verordnungen für die Errichtung und Verwendung von Gewerbeimmobilien
- Verordnungen für die Veräußerungen von Gewerbeimmobilien
- Wertermittlung von Grund und Boden
Auf Basis des Ertragswertverfahrens wird die Baufinanzierung realisiert. Der Antragsteller hat verschiedene Möglichkeiten der Finanzierung. Am häufigsten kommt das Annuitätendarlehen zur Anwendung. Es zeichnet sich durch konstante, über Monate gleichbleibende Raten während der gesamten Laufzeit aus. Alternativ dazu ist das Ratendarlehen möglich. Die Höhe der Raten verringert sich jeden Monat während der gesamten Laufzeit. Bei gleichbleibender Tilgung reduzieren sich die zu zahlenden Zinsen kontinuierlich.
Risiken bei der Baufinanzierung
Die Finanzierung einer Gewerbeimmobilie unterliegt deutlich größeren Risiken, als sie bei einer Wohnimmobilie der Fall sind. Ein ungeeigneter Standort, zu wenig Kunden und spezifischer Risiken der Branche können die Ertragssituation des Antragsstellers negativ beeinflussen. Der Bau oder die Suche nach einer passenden Gewerbeimmobilie ist von erheblicher Bedeutung für den Erfolg.
Aus diesen Gründen ist die Baufinanzierung einer Gewerbeimmobilie ohne Eigenkapital in den seltensten Fällen realisierbar. Je größer das Eigenkapital ist, desto geringer sind die Risiken für die Bank. Es hat idealerweise einen Anteil von mindestens 20 Prozent an der Kreditsumme. Die Höhe des Eigenkapitals wirkt sich positiv auf die Zinsen aus. Ohne eigene Mittel sind diese um ein Vielfaches höher.
Finanzierung von Gewerbeimmobilien: Einflussfaktoren und Finanzierungsformen
Verschiedene Faktoren beeinflussen die Finanzierung von Gewerbeimmobilien. Daraus sowie aus der Bewertung der Immobilie ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten, wie das Objekt zu finanzieren ist. Letzten Endes steht und fällt alles mit der Bonität des Unternehmers, die durch die kreditgebende Bank eingehend geprüft wird.
Einflussfaktoren auf die Finanzierung
Nicht nur die Art der Nutzung der betreffenden Gewerbeimmobilie ist maßgeblich, auch spezielle Standortanforderungen müssen berücksichtigt werden. Teilweise gelten bestimmte Verordnungen und Gesetzgebungen, die nur für den gewählten Standort zu berücksichtigen sind. Daraus wiederum können sich unterschiedliche Kreditkonditionen ergeben. Zu hinterfragen ist dabei, wenn es sich nicht gerade um einen Neubau handelt, ob die Nutzungsart für die Gewerbeimmobilie festgelegt ist und ob das Objekt spezifisch nur für dieses Unternehmen ausgerichtet ist. Außerdem bestehen wichtige Einflussfaktoren in der Werthaltigkeit der Immobilie sowie darin, ob sie zumindest anteilig als Wohnraum genutzt werden kann.
Bei der Bewertung der Immobilie werden anschließend betriebswirtschaftliche und juristische Faktoren mit einbezogen, auch bautechnische Erkenntnisse sind zu berücksichtigen. Durch die Bewertung ergibt sich die Möglichkeit, die voraussichtlichen Erträge, die mit der Immobilie und dem Unternehmen zu erzielen sind, zu beziffern.
Mögliche Finanzierungsformen für Gewerbeimmobilien
Zur Finanzierung von Gewerbeimmobilien gibt es unterschiedliche Modelle, wobei verschiedene Finanzierungsarten auch miteinander kombinierbar sind. Damit sollen sich Kosten senken und die Finanzierung individuell anpassen lassen.
Infrage kommen diese beiden Finanzierungsformen:
- Annuitätendarlehen
Beim Annuitätendarlehen zahlt der Kreditnehmer monatlich eine konstante Rate an die Bank zurück, wobei diese auf die gesamte Laufzeit gesehen gleich hoch ist. Der Zinsanteil verringert sich dabei, der Anteil der Tilgung steigt dafür an. - Ratendarlehen
Bei einem Ratendarlehen verringert sich die zu zahlende Rate Monat für Monat über die gesamte Laufzeit gesehen. Die zu zahlenden Zinsen werden geringer, weil auch der Tilgungsanteil sinkt.
Viele Unternehmer wenden sich zudem an die KfW, die mit ihren Förderprogrammen Existenzgründer und gestandene Unternehmer gleichermaßen unterstützt. Nicht alle Förderprogramme kommen für jeden Unternehmer infrage. Gerade für Gründer sind viele davon jedoch interessant, zumal die Konditionen sehr kreditnehmerfreundlich sind und zudem meist eine tilgungsfreie Zeit vereinbart werden kann. Während dieser ist es für den Kreditnehmer möglich, erst einmal Fuß zu fassen und nur die Zinsen zu zahlen. Der Tilgungsanteil kommt dann nach einer vorher vereinbarten Frist dazu.
An die Bonität denken!
Allzu oft hält sich der Irrglaube, dass SCHUFA und Co. nur für Privatpersonen wichtig sind. Doch weit gefehlt, denn auch Unternehmer müssen sich bei der gewünschten Finanzierung ihrer Gewerbeimmobilie mit der Auskunftei oder mit Ratingagenturen auseinandersetzen. Oder vielmehr müssen sie damit rechnen, dass sich die Bank, bei der der Kredit angefragt wurde, an eine entsprechende Einrichtung wendet. Denn:
Die Kreditwürdigkeit spielt für die Vorgehensweise sowie die Vereinbarung der Konditionen eine entscheidende Rolle. Immerhin möchte die Bank ihr Geld in jedem Fall wiederhaben, auch wenn sie weiß, dass sich die wirtschaftliche Situation eines Unternehmers jederzeit rasch verschlechtern kann. Die Bank prüft daher die Bonität des Antragstellers ganz genau und schaut auch danach, aus welcher Branche der Betreffende kommt. Einzelne Branchen werden schlechter gerankt als andere.
In den meisten Fällen wird dafür bei Auskunfteien angefragt, wobei hier die SCHUFA an erster Stelle zu nennen ist. Sie gibt Auskunft über das Zahlungsverhalten des Unternehmens, über eventuell laufende Inkassoverfahren oder über Mahnverfahren, auch wenn diese bereits in der Vergangenheit liegen. Die Bank möchte anhand der Daten einschätzen können, ob der Antragsteller in Zukunft ein zuverlässiger Vertragspartner sein wird oder nicht.
Einige Unternehmen werden durch Ratingagenturen bewertet, auch diese können Anlaufstelle für die Bank sein, um sich über die Bonität des Antragstellers ein Bild machen zu können. Die Agentur ermittelt, ob ein „Investment Grade“ vergeben werden kann, was bedeutet, dass das Unternehmen eine gute Bonität aufweist. Allerdings hat sich herausgestellt, dass inzwischen viele Unternehmen auf das Rating verzichten und auch Banken mehr und mehr an normalen Auskunfteien herantreten, wenn es um die Bonitätsprüfung geht.
Geprüft werden im Einzelnen diese Daten:
- Informationen zu Insolvenzen und Inkassoverfahren
- Firmenhistorie
- Branche
- Muttergesellschaft und Beteiligungen
- Bilanzen
- allgemeine Informationen zur Bonität
Somit prüft die Bank vor der Kreditvergabe nicht nur die aktuell liquiden Mittel und die Rücklagen sowie das Anlagevermögen, das das Unternehmen hat und auf das es zugreifen kann. Sie richtet sich bei ihrer Bewertung der Bonität zudem nach makroökonomischen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der Branche, in der das Unternehmen tätig ist. Daraus ergibt sich eine komplexe Bewertung, die Grundlage für die Kreditvergabe ist.