Anhydrit: über die Risiken der Geothermie

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Das Thema Anhydrit ist derzeit häufiger in der Presse zu finden. Nach dem Schadensfall in Staufen und Oberndorf gibt es nun auch in Böblingen von misslungenen Geothermie-Bohrungen zu berichten. Der Schaden ist hier sogar so groß, dass rund 200 Geschädigte von einem finanziellen Schaden in Höhe von 50 Millionen Euro stehen. Das Problem: Die Erde hebt sich. Dieses Problem ist im Tunnelbau bereits seit Jahren bekannt, denn wenn Wasser auf den Gipskeuper trifft, quillt dieser auf.

Anhydrit im Boden: Verschiedene Ursachen für die Probleme

Bei Tunnelarbeiten im Gebirge konnte sich der Gipskeuper großräumig entspannen, was zur Bildung von Klüften führte. Grundwasser fand über diese Klüfte seinen Weg zum Gestein – der Gips quoll auf. Gegen den Quelldruck müssen die Bauwerke daher entsprechend gesichert werden. Grundwasserstockwerke hingegen verbinden sich nicht miteinander, denn das Gebirge wird im Tunnelbau horizontal durchgestoßen. Natürlich kann ein Tunnel auch ansteigen oder abfallen, aber die Zutritte des Grundwassers durch die verschiedenen geologischen Schichten können mit bautechnischen Maßnahmen entsprechend beherrscht werden. Hier aber liegt die Schwierigkeit der Geothermie-Bohrungen, bei denen es zu einem Schadensfall gekommen war: Es wurden übereinanderliegende Vorkommen des Grundwassers durch schlecht abgedichtete Bohrungen miteinander verbunden, das Grundwasser konnte in Abschnitte gelangen, die Anhydrit enthalten. Damit wurde das Aufquellen in Gang gebracht.

Anhydrit und Quellen: Leitlinien zur Qualitätssicherung

Schon viele Bohrungen haben stattgefunden, bei denen auch auf Anhydrit gestoßen wurde und bei denen nichts schief ging. Das Gipskeuperquellen ist also nicht in jedem Fall und bei jeder Bohrung ein Problem. Dennoch gibt es bereits seit 2011 Leitlinien, die das Umweltministerium zur Qualitätssicherung veröffentlicht hat. Diese sind verbindlich einzuhalten. Das Land Baden-Württemberg hat überdies Anforderungen an die Durchführung der Bohrungen gestellt, die sich vor allem um die Abdichtung der Bohrlöcher drehen. Allerdings wurde auf eine solche bereits in den Leitlinien von 1998 hingewiesen. Das Problem sind weder Gips, Anhydrit noch das Wasser oder das Nichtvorhandensein von Leitlinien – wenn es zu Schadensfällen kommt, wurden die gesetzten Bedingungen in der Regel nicht konsequent beachtet. Das Land distanziert sich daher auch von Vorwürfen zu viel zu laschen Anforderungen oder schlechten Richtlinien. Ein Beispiel: In Böblingen wurden in der Vergangenheit bereits 17 Geothermie-Bohrungen durchgeführt. Alle diese Bohrungen wiesen Mängel auf!

Anhydrit und Bohrungen: Reichen die Leitlinien aus?

Für Baden-Württemberg gilt, dass seit Mai 2015 die automatische Überwachung der Abdichtungsvorgänge bei Geothermie-Bohrungen verpflichtend ist. Bohrfirma und Bauherr sind somit gleichermaßen in die Pflicht genommen und müssen auf die korrekte Durchführung der Bohrungen achten. In der Vergangenheit sind Schäden immer dann aufgetreten, wenn die Leitlinien zu den Bohrungen sowie zu Anhydrit und Co. nicht eingehalten wurden. Daher sind neue Forderungen in Ergänzung zu den Leitlinien laut geworden.

Das System aus Bohrlochwand, Baustoffsuspension und Erdwärmesonden muss über eine geringe Durchlässigkeit für Wasser verfügen – wie das zu erreichen ist, ist derzeit noch unklar. Momentan gehen die Forschungen in dieser Richtung noch weiter und es werden die bisher bekannten Ansätze für die Beurteilung der Baustoffe und deren Undurchlässigkeit angewendet. Die Leitlinien sind daher durchaus auf dem neusten Stand und werden von Experten als durchaus ausreichend bezeichnet. Eine absolute Sicherheit kann es jedoch zu Geothermie-Bohrungen nicht geben, auch wenn sich das Land bemüht, die Bohrungen so sicher wie möglich zu machen. Allerdings sind diese auch immer mit einem kleinen unkalkulierbaren Risiko verbunden – an welcher Stelle befindet sich genau das Anhydrit? Wo liegt der Gipskeuper? Kann die Bohrung tatsächlich an allen Stellen horizontal verlaufen oder sind an einigen Stellen andere Wege nötig?
Generell gilt es darauf zu achten, dass die aktuellen Leitlinien wirklich eingehalten werden, ansonsten wird es immer wieder zu Schadensfällen kommen. Allerdings sind hier Bohrfirmen ebenso gefragt wie Bauherren, denn auf die Einhaltung der Richtlinien muss gesondert geachtet werden, was jedoch auch die Kenntnis derselben voraussetzt.


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