Der Ruf nach E-Mobilität in allen Bereichen des täglichen Lebens wird immer lauter. Doch wie sieht es in der Transportindustrie aus? Eine Bestandsaufnahme.
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E-Mobilität in der Transportindustrie: Elektrofahrzeuge werden dominieren
Einst verkündete Angela Merkel, dass bis zum Jahr 2020 mindestens eine Million Elektrofahrzeuge auf den deutschen Straßen unterwegs sein würden. Bis 2020 wurde dies zwar nicht erreicht, aber mit einem Jahr Verspätung wurde diese Zahl letztlich doch Realität. Es gibt kaum noch einen Autohersteller, der nicht auf den Zug aufgesprungen und in Sachen E-Mobilität aktiv ist.
Der enorme Zulauf durch die Kunden rührt nicht zuletzt von der hohen Förderung her, mit der E-Autos und Hybridfahrzeuge einen stärkeren Kaufanreiz bekommen sollten. Sogar im industriellen Bereich sind zunehmend Elektrofahrzeuge zu finden. So sind etwa die Elektro-Lkw von Volvo Trucks inzwischen stark im Kommen und führen den europäischen Markt für Elektro-Lkw an.
Elektro-Lkw: Die E-Mobilität der Zukunft
Bisher gab es einige Stolpersteine, weshalb sich der elektrische Antrieb und damit die E-Mobilität noch nicht nachhaltig durchsetzen konnte. Limitierend war hier vor allem die Ladeinfrastruktur: Ein E-Auto oder ein E-Lkw, das mit einer Batterieladung nicht bis zur nächsten Ladestation kommt, ist als Anschaffung wenig attraktiv. Mit der inzwischen verbesserten Ladeinfrastruktur und stetig weiterentwickelten Batterien hat sich die Ausgangslage zwischenzeitlich verändert.
Für elektrisch angetriebene Pkw sind heute Reichweiten jenseits der 400 Kilometer keine Seltenheit mehr, auch Elektro-Lkw können Reichweiten von über 300 Kilometer realisieren. Angesichts strenger Vorschriften für CO2-Emissionen und vielerorts entstehenden Verbotszonen für Fahrzeuge mit Verbrennerantrieb, ist ein deutlicher Handlungsdruck für Unternehmen entstanden, auch die eigene Mobilität zu überdenken. Elektrofahrzeuge können hier zu einer zeitgemäßen Alternative avancieren.
Begünstigt wird dies durch staatliche Förderprogramme für Investitionen in Fahrzeuge, die vollelektrisch oder hybrid angetrieben werden. Dass batterieelektrische Fahrzeuge zudem komplett von der Lkw-Maut befreit sind, soll ein weiterer staatlicher Anreiz für Unternehmen darstellen, in diese Antriebstechnologien zu investieren.
Nicht zuletzt dank dieser Maßnahmen sollen in Kürze Elektro-Lkw entsprechend der Voraussagen von Experten die Straßen dominieren. Gleichzeitig sind Staat, Kommunen als auch die Hersteller weiter darum bemüht, die Ladeinfrastruktur auszubauen, um der E-Mobilität eine nachhaltige Zukunft zu ermöglichen.
Lkw müssen grüner werden
Laut Experten sind die Einsparmöglichkeiten konventioneller Antriebe hinsichtlich ihrer CO2-Emissionen mittlerweile ausgereizt. Das liegt vor allem an der Menge des Verkehrsaufkommens: Kamen immer neue Fahrzeuge auf den Markt, die zwar deutlich weniger CO2 ausstießen, wurde diese Ersparnis durch das Plus an Fahrzeugen aufgehoben.
Gerade auf Kurzstrecken können hier Elektro-Lkw punkten, denn die bisherige Skepsis den vollelektrischen Antrieben gegenüber bezieht sich zumeist auf die vermeintlich geringe Reichweite, die für Tagestouren oder den Einsatz schwerer Lkw als nicht ausreichend angesehen wird. Untersuchungen einer Machbarkeitsstudie des Fraunhofer Instituts schränken diese Bedenken mit ihren Ergebnissen ein und weisen darauf hin, dass für Elektro-Lkw über 26 Tonnen noch keine ausreichende Batterie-Kapazität vorhanden sei.
Gerade auf häufig im Verteilerverkehr bedienten Kurzstrecken, beispielsweise durch Lieferdienste, können Elektrofahrzeugen eine ernstzunehmende Alternative sein. Einschätzungen der Fachwelt gehen so weit zu prognostizieren, dass für diesen Bereich der Diesel mittelfristig keine Rolle mehr spielen wird.
Elektro-Lkw: Entwicklung auf hohem Stand
Die Nutzfahrzeughersteller haben in mehreren Bereichen der Elektromobilität zwischenzeitlich große Fortschritte erzielen können, allen voran in Sachen Reichweite und Bedienbarkeit.
Die Vorteile durch den Einsatz von Elektro-Lkw liegen derweil auf der Hand:
- Keine CO2-Emissionen im Fahrbetrieb
- Geringere Feinstaubemissionen
- Geringere Geräuschemissionen gegenüber Dieselfahrzeugen
- Antizyklischer Einsatz der Fahrzeuge möglich
- Zufahrtsbeschränkungen fallen zumeist weg
Zur Erklärung: Werden Lkw antizyklisch eingesetzt, lässt sich so die Verkehrsdichte reduzieren, indem diese Fahrzeuge dann fahren, wenn andere nicht unterwegs sind. Damit sind sie vor allem nachts auf den Straßen, und können hier ihren Vorteil der geringeren Geräuschemissionen vollends ausspielen. Auch Zufahrtsbeschränkungen, wie sie für konventionelle Antriebe in immer mehr Bereichen gelten, sind für Elektrofahrzeuge häufig nicht relevant. So können Bereiche in Fußgängerzonen direkt beliefert werden, lange Wege für das Ein- und Ausladen von Waren und Gütern entfallen oft.
Ein weiterer wichtiger Faktor: die Kosten. Hier lohnt es, die Kosten für Kraftstoff denen für die Aufladung der vollelektrischen Fahrzeuge gegenüberzustellen. Je nach aktuellen Diesel- und Strompreisen ergeben sich hier zumeist deutliche Vorteile für den batterieelektrischen Antrieb. Niedrigere Betriebskosten werden dann zum entscheidenden Vorteil, um die höheren Anschaffungskosten des Elektro-Antriebs gegenüber des Dieselantriebs wieder zu amortisieren.
Wirklich umweltfreundlich sind Elektro-Lkw allerdings nur, wenn auch der für sie benötigte Strom aus „grüner“ Herstellung stammt.
Gibt es Nachteile?
Die Industrie sieht allerdings auch Nachteile beim Nutzen von Elektrofahrzeugen. Zum einen sind hier die gegenüber Dieselfahrzeugen höheren Anschaffungskosten zu nennen. So liegt die E-Variante preislich über dem Niveau eines konventionellen Antriebs, ein Großteil des Mehrpreises kann jedoch durch aktuelle staatliche Förderprogramme aufgefangen werden.
Derzeit noch nachteilig beurteilt wird die Reichweite von batterieelektrischen Lkw. Dies bedeutet Einschränkungen hinsichtlich der möglichen Verwendung. Während Reichweiten von 200 bis 300 Kilometer für den lokalen und regionalen Verteilerverkehr oder für kommunale Einsatzzwecke wie beispielsweise die Müllentsorgung bereits abgedeckt werden können, sind Einsätze im Fernverkehr derzeit noch nicht optimal umsetzbar. Verbesserungen im Bereich der Batterietechnologie werden hier sicherlich erst mittelfristig Lösungen entstehen lassen.
Zu den Nachteilen gehört auch die noch nicht optimale Ladeinfrastruktur. Für die industrielle Nutzung ist die Ladeinfrastruktur noch deutlich weniger umfassend ausgebaut als im Pkw-Bereich. Viele Unternehmen setzen daher auf eigene Ladestationen auf dem eigenen Betriebsgelände. Aber auch die Hersteller haben das Problem längst erkannt.
Mit der Traton Group (MAN, Scania), Daimler Truck (Mercedes) und Volvo Group (Volvo Trucks, Renault Trucks) haben drei der größten Nutzfahrzeughersteller sich in einer Kooperation zusammengetan, um europaweit ein großes Netz an öffentlichen Hochleistungsladepunkten aufzubauen. Allein in den ersten fünf Jahren sollen so etwa 1.700 neue Ladepunkte entstehen.
Fazit: Nachteile in Form höherer Anschaffungskosten, Reichweiten für vor allem lokale und regionale Einsatzzwecke und ein gerade erst in der Entstehung befindliches Netz an Hochleistungsladepunkten schränken die Einsatzbereiche elektrischer Lkw derzeit noch ein, doch die Hersteller arbeiten mit Hochdruck an Lösungen. Größere Reichweiten durch technologisch weiterentwickelte Batterien sowie eine verbesserte Ladeinfrastruktur stehen ganz oben im Lastenheft. So forschen Nutzfahrzeughersteller bereits daran, auch batterieelektrische Modelle mit Reichweiten von bis zu 1000 km präsentieren zu können.
Lieferdienste und Logistikunternehmen: E-Mobilität auf dem Vormarsch
Zumeist sind noch Fahrzeuge mit konventionellen Verbrennermotoren unterwegs, wenn beispielsweise Logistikdienstleister Bestellungen an die Haustür liefern. Genau hier müsste laut Experten angesetzt werden, denn die Auslieferung der Bestellungen mit Fahrten von Tür zu Tür sind besonders belastend für die Umwelt. Auch die Hersteller wissen das und bieten genau für solche Einsatzzwecke bereits vollelektrische Lkw an.
Immer mehr Logistikunternehmen und große Versandhäuser fahren bereits einen Teil ihrer Lieferungen elektrisch aus und befördern Pakete und Briefe mit Elektro-Lkw bis an die Haustür. Der große Nachteil der begrenzten Reichweite fällt so nicht ins Gewicht, denn die täglich zu absolvierenden Strecken sind in Summe vergleichsweise kurz. Ladezeiten beim Logistikunternehmen selbst können zudem zum Aufladen genutzt werden. Gleichzeitig sind die Lieferdienste damit deutlich leiser unterwegs.
E-Mobilität: Lieferungen für grüne Unternehmen
Die E-Mobilität ist vor allem für Unternehmen interessant, die Wert auf Nachhaltigkeit legen und in dieser Art auch von ihren Kunden wahrgenommen werden wollen. Prominente Beispiele sind hier Amazon und Zalando, die wie viele andere große Versandhäuser bereits Elektro-Lkw in ihren Fuhrpark aufgenommen haben. Zahlreiche Praxistests in verschiedenen Gegenden, unterschiedlichen Klimazonen und mit unterschiedlichen Zuladungen wurden bereits durchgeführt.
Fahrer, die erstmals Erfahrungen mit Elektro-Antrieben sammelten, zeigten sich oft beeindruckt ob der geringen Geräuschkulissen und dem leistungsstarken Fahreindruck. Immer mehr Unternehmen zeigen sich mittlerweile offen für vollelektrische Antriebe und berücksichtigen dies bei der Anschaffung neuer Fahrzeuge. Ob es darum geht, Teile zu Produktionsunternehmen zu transportieren oder fertige Produkte an Kunden auszuliefern, E-Lkw dienen immer mehr auch als Nachweis nachhaltigen und umweltbewussten Wirtschaftens des jeweiligen Unternehmens.