Smart Factories waren noch vor wenigen Jahren pure Illusion, doch schon bald könnten sie Realität werden. Doch die digitale Industrie ist nur durch eine gezielte Personalentwicklung möglich.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Personalentwicklung in der Industrie: Neue Herausforderungen für die Fertigungswelt
Einst war schon die Umstellung der üblichen Lohnbuchhaltung von der Papierversion mit der heute noch zumindest begrifflich bekannten „Lohntüte“ eine enorme Errungenschaft. Die Lohnbuchhaltung mit einer Software sollte die Buchungsaufgaben erleichtern, Personal einsparen und die gesamten Vorgänge weniger fehleranfällig machen. Genau dieses Vorhaben war auch gelungen. Jetzt steht die nächste große Aufgabe an und diese bezieht sich auf die Personalentwicklung vor dem Hintergrund von Industrie 4.0.
Personalentwicklung als Abstimmung zwischen verschiedenen Bereichen (Video)
Per Definition besteht die Personalentwicklung in Unternehmen darin, die Bereiche Bildung, Förderung sowie auch die Entwicklung der gesamten Organisation aufeinander abzustimmen. Die Basis für alle Entwicklungsvorgänge liegt dabei in den Bedürfnissen, die das Unternehmen selbst hat.
Diese Grundlage wird verwendet, um erfolgreiche Maßnahmen für die Personalentwicklung abzuleiten, wobei verschiedene Aspekte berücksichtigt werden müssen:
- Entwicklungsziele des Unternehmens
- Bezug zur Organisationsentwicklung
- Maßnahmenabstimmung auf verschiedene Mitarbeitergruppen innerhalb des Unternehmens
Video: Industrie 4.0: Smart Factory
Hohe Anforderungen an Unternehmen und Mitarbeiter?
Die meisten Unternehmen wissen zwar, dass in Zukunft hohe Anforderungen auf die Industrie zukommen, doch noch sind sie im Hinblick auf die Mitarbeiterentwicklung vergleichsweise entspannt. Sie sehen zwar mehr Chancen in der Industrie 4.0 als mögliche Risiken, aktiv darauf hingearbeitet wird aber dennoch nicht. Grundsätzlich sehen die Unternehmen eine Chance, als Wettbewerber an ihrem Standort bestehen bleiben zu können.
Die Begründung für das abwartende Verhalten in Sachen Personalentwicklung ist dabei so einfach wie einleuchtend: Man ist der Meinung, dass der digitale Wandel so langsam vonstattenginge, dass eine kontinuierliche Anpassung an aktuell geforderte Gegebenheiten ohne Probleme möglich sei. Mitarbeiter werden bereits jetzt regelmäßig geschult und nehmen an entsprechenden Weiterbildungen teil, um auf dem aktuellen Stand der Digitalisierung zu bleiben. Prognosen über vorhersehbare Entwicklungen werden dabei allerdings großzügig ausgeblendet, was die Gefahr birgt, dass die betreffenden Unternehmen am Ende der tatsächlichen Entwicklung hinterherhinken könnten.
Dass eine strategische Mitarbeiterentwicklung im Unternehmen nötig werden wird, zeichnet sich allerdings schon jetzt ab. Und das, obwohl gleichzeitig erkennbar ist, wie lange es noch dauern wird, bis die IT der Fertigung, kaufmännische Prozesse sowie Zuliefererprozesse als Einheit betrachtet werden können.
Ist der Punkt gekommen, dass diese Einheit vorhanden ist, müssen die Mitarbeiter „funktionieren“, das heißt, sie müssen sich schnell und flexibel auf neue Gegebenheiten einstellen können. Zugleich werden an vielen Stellen Roboter die Arbeiten übernehmen, die bisher noch von Menschenhand ausgeführt werden. Routineaufgaben können einfach wegfallen und auf die Mitarbeiter kommen anspruchsvollere Aufgaben zu, die sie in immer stärkerem Maße fordern werden. Im Sinne der Mitarbeiterentwicklung sollte dies schon heute berücksichtigt werden.
Für Industrie 4.0: Ergänzung der Qualifizierungsinhalte nötig
Neues Fachwissen wird in Studiengängen, die teils vor einigen Jahren noch gar nicht angeboten wurden, sowie in Ausbildungen vermittelt. Doch damit nicht genug, die Unternehmen müssen im Hinblick auf Industrie 4.0 dafür sorgen, dass spezifische Qualifizierungsinhalte vermittelt werden. Es muss darum gehen, das immer schneller veraltete Fachwissen zu ersetzen, anzupassen und neue Fähigkeiten zu etablieren.
Dieses Vorgehen könnte in der Zukunft entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit und letzten Endes für das Überleben des betreffenden Unternehmens sein. Bisher wird dies von den Unternehmen eher locker gesehen und wichtige Fähigkeiten wie Kreativität oder Lernbereitschaft kommen gerade in den Stellenanzeigen für technische Berufe oder für Ingenieurstätigkeiten kaum vor.
Die Bedeutung der Personalentwicklung
Die Personalentwicklung in den Unternehmen, die sich auf Industrie 4.0 einstellen müssen, wird sich schon bald neuen Aufgaben gegenübersehen oder diese bereits jetzt schon berücksichtigen müssen. Neue Kompetenzen und flexible Anwendungen, andere Methoden sind gefragt. Dabei ist wichtig zu beachten, dass sich nicht nur die Ziele für die Personalentwicklung verändern, sondern auch die Ziele aus Sicht der einzelnen Beteiligten.
Mitarbeiterentwicklung aus der Sicht von Unternehmen
Personaler sehen sich mit Blick auf Industrie 4.0 zunehmend in einer eher passiven Rolle, die lediglich eine unterstützende Wirkung hat. Sie sind eine Art Lernbegleiter und bringen den Mitarbeitern die nötigen Lerninhalte näher. Sie ermöglichen die Teilnahme an Lehrgängen und Weiterbildungen und stellen Inhalte bereit, die das gesetzte Lernziel übertreffen.
Mitarbeiter müssen in dem Fall ständig lernen und das vor allem selbstständig, sie sollen die gebotenen Möglichkeiten wahrnehmen und vor allem spontan auf neue Anforderungen reagieren. Personaler und Unternehmen müssen dann nur noch entscheiden, welches Wissen gerade wichtig ist und welche Kompetenzen der Mitarbeiter erwerben muss bzw. welche bereits vorhanden sind, auf die aufgebaut werden kann.
Gefragt sind dabei vor allem Soft Skills als Grundlage für die Zusammenarbeit in einem Team, das heterogen und multikulturell sein wird. Im Rahmen der Mitarbeiterentwicklung wird dann vor allem das Üben und Anwenden der Lerninhalte wichtig.
Mitarbeiterentwicklung aus der Sicht der Mitarbeiter
Die geforderte Personalentwicklung wird für den Mitarbeiter eine große Herausforderung darstellen. Er ist auf der einen Seite mit den täglichen Aufgaben beschäftigt und muss daneben noch versuchen, die gewünschten Lerninhalte umzusetzen. Er soll sich selbst organisieren und den Umfang des Lernens bestimmen. Doch das, was anfangs anstrengend erscheint, fördert und fordert gleichermaßen.
Auf der einen Seite wissen die Mitarbeiter selbst am besten, wann sie produktiv sind und wann die beste Zeit zum Lernen ist. Auf der anderen Seite können sie das Lerntempo anpassen und sind damit motivierter für den nächsten Schritt. Gegeben ist dann nur noch, dass dieser Schritt zu machen ist.
Das Wie und das Wann bleiben dem Mitarbeiter in vernünftigem Rahmen überlassen. Wichtig ist aber, dass diese Mitarbeiter über eine ausreichende Medien- und Selektionskompetenz verfügen, damit sie die gebotenen Inhalte auswählen und erlernen können.
Sie entscheiden in dem Falle selbst, was für sie jeweils relevant ist. Hilfreich ist aber nicht nur die Fähigkeit, sich das Wissen selbst anzueignen, sondern auch, dieses an andere Personen weiterzugeben. So lernt im Endeffekt nicht nur ein Mitarbeiter, sondern bei Bedarf das ganze Team.
Passende Rahmenbedingungen für das Lernen schaffen
Auch wenn viele Unternehmen noch keine Notwendigkeit sehen, ihre bisher gewohnten Strategien zur Qualifizierung der Mitarbeiter zu ändern, so wird dieses Verhalten doch in Zukunft schwierig werden. Industrie 4.0 wird nicht warten und fordert spezifische Qualifikationen von den Mitarbeitern.
Unternehmen, die schon jetzt passende und vor allem effektive Weiterbildungsmodelle installieren, werden am Ende die Nase vorn haben. Es muss vor allem darum gehen, die Just-in-time-Qualifizierung nach vorn zu bringen, die direkt im laufenden Arbeitsprozess möglich ist.
Auch persönliche Kompetenzen lassen sich schwer mit konventionellen Weiterbildungsmaßnahmen trainieren. Unternehmen müssen den Mitarbeitern die Möglichkeit geben, die gewünschten Soft Skills und weiteren Kompetenzen immer wieder zu üben, sie müssen den Rahmen dafür schaffen.
Erarbeitung passender Maßnahmen für die Personalentwicklung
Das Unternehmen muss mittel- und langfristige Unternehmensziele festsetzen, anhand derer zusammen mit der Personalabteilung, mit dem Management und ggf. mit der betreffenden Fachabteilung die gewünschte Vorgehensweise festgelegt wird.
Wichtige Fragen, die bei der Erarbeitung passender Maßnahmen eine Rolle spielen, sind zum Beispiel die folgenden:
- Welche Kompetenzen müssen die Mitarbeiter im Unternehmen haben?
- Welche Kompetenzen führen das Unternehmen zu den mittel- und langfristigen Zielen?
- Welche Mitarbeitertypen sind für das Unternehmen wichtig?
- Welche Potenziale sind bereits vorhanden und können genutzt werden?
- Welche Potenziale müssen weiterentwickelt werden?
- Wie lassen sich die Mitarbeiter auf den Weg hin zu Industrie 4.0 bringen?
Auf Basis der Antworten zu diesen Fragen ist es für das betreffende Unternehmen möglich, eine vorausschauende Strategie zu entwickeln, mit der eine bedarfsgerechte Qualifizierung möglich ist. Auch die Qualifizierungsinhalte lassen sich damit festlegen. Hier sind Führungskräfte besonders gefordert, denn sie müssen für die Mitarbeiter eine Art Brücke zwischen der alten Arbeitssituation und den neuen Kompetenzen, die teilweise noch erworben werden müssen, bauen. Führungskräfte werden damit zu Coaches, die abteilungs- und hierarchieübergreifend agieren müssen. Patentrezepte zur Umsetzung dieser Notwendigkeit gibt es aber nicht.