Gerüste sind heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken und dienen unter anderem als Arbeitsfläche bei Bauarbeiten an Gebäuden. Sie tragen zur Sicherheit bei und werden daher auch als Schutzvorrichtung bezeichnet. Ein Gerüst gilt als Hilfskonstruktion und besteht aus Metall oder Holz bzw. aus einer Verbindung beider Werkstoffe.
Vielfältige Einsatzbereiche für Gerüste
Gerüste finden in vielen Bereichen Anwendung und sorgen dort für einen leichteren Arbeitsablauf im Alltag. Natürlich geht es nicht in erster Linie um Komfort und Bequemlichkeit, sondern vor allem um die Sicherheit. Außerdem wären manche Arbeiten ohne ein Gerüst überhaupt nicht möglich. Ein Gerüst dient damit als Arbeitsfläche, auf der sich die Handwerker bewegen können. So werden Häuser verputzt oder Fassaden neu gestrichen. Auch umfangreiche Sanierungsarbeiten sind von einem Gerüst aus möglich. Ein Fang- oder Schutzgerüst, wie es vor allem bei Arbeiten am Dach eines Gebäudes zum Einsatz kommt, kann den Absturz der Handwerker ebenso verhindern, wie Passanten vor herabfallenden Teilen geschützt werden. Daher kommt auch die Bezeichnung „Schutzvorrichtung“ für ein Gerüst.
Wie haben sich Gerüste entwickelt?
Schon das alte Ägypten kannte Gerüste, denn die großen Statuen und Tempel konnten ohne ihre Hilfe nicht erbaut werden. Damals waren Gerüste ausschließlich aus Holz gefertigt, Einzelteile wurden mit Seilen aus Sisal sowie mit Weidenästen verbunden. Die Konstruktionen waren allerdings nicht besonders haltbar, außerdem war Holz zu dieser Zeit ein knapper und teurer Werkstoff. Für einfache Handwerker war ein Gerüst daher unerschwinglich, sie mussten mit den althergebrachten Leitern vorlieb nehmen.
Auch die alten Griechen kannten Gerüste, auch sie setzten auf Holzausführungen. Sie errichteten sogar erste Hebemaschinen, damit sie ihre Baustellen einrichten konnten. Des Weiteren ist Rom an dieser Stelle zu nennen, denn auch dort wurden Gerüste genutzt.
Schon im Mittelalter waren die Gerüste deutlich stabiler, denn die Menschen setzten Kanthölzer für ihren Bau ein. Verbindungen wurden aus Querhölzern und Seilen hergestellt, die Verschnürung saß deutlich fester als die Anfänge der Ägypter mit ihren Weidenästen.
Durch die zunehmende Komplexität der Gebäude entstanden neue Gerüstkonstruktionen, deren Entwicklung stark auf Leonardo da Vinci zurückging. Allerdings war es Galileo Galilei, der die ersten Gerüste entwarf, die auch um gebogene Häuser gestellt werden konnten.
Durch die industrielle Revolution kam im 18. und 19. Jh. erstmals Eisen als Werkstoff für Gerüste zum Einsatz und bis in die 1930er Jahre hinein entstanden beeindruckende Gerüstkonstruktionen. Allerdings sahen diese spätestens beim Bau der ersten Wolkenkratzer sehr gewagt aus.
Das erste Systemgerüst kam im Jahr 1952 auf den Markt und revolutionierte das Bauwesen erneut. Doch die Entwicklung der Gerüste ist bis heute nicht abgeschlossen – nach Eisen kam feuerverzinkter Stahl als Material, danach folgte das deutlich leichtere Aluminium. Dieses wartet allerdings mit einer geringeren Stabilität auf.
Moderne Modulgerüste, wie sie auch hier im Shop zu kaufen sind, können mit wenigen Handgriffen aufgebaut werden und sind flexibler denn je.
Verschiedene Gerüstarten für unterschiedliche Einsatzzwecke
Ungefähr 16 verschiedene Arten von Gerüsten sind derzeit bekannt und zu verschiedenen Zwecken im Einsatz. Dabei liegen die Unterschiede meist nicht einmal offensichtlich, sondern verbergen sich eher im Detail. Gleichzeitig sind aber genau diese Unterschiede maßgeblich. Folgende Gerüstarten sind verbreitet:
- Alugerüst
Es ist deutlich leichter als ein Gerüst aus Stahl, gleichzeitig bietet aber es aber ein hohes Maß an Sicherheit. Sogar in Bezug auf die Stabilität ist das Alugerüst vergleichbar. Es ist deutlich leichter als die Variante aus Stahl, daher kann es auch ein Handwerker allein aufstellen.
Alugerüste werden vor allem dort genutzt, wo ein hohes Maß an Flexibilität nötig ist und wo es auf den Zeitfaktor beim Aufbau ankommt. Alu ist der bevorzugte Werkstoff für Fahrgerüste, Stahl wäre hierfür zu schwer. - Arbeitsgerüst
Viele Handwerker nutzen provisorische Lösungen, wenn sie in einer bestimmten Höhe arbeiten müssen, die sich außerhalb der regulären Reichweite befindet. Hier kommen Arbeitsgerüste zum Einsatz, die eine solide und sichere Arbeitshöhe gewährleisten. Die Stellfläche des Gerüsts ist groß genug, damit neben den Handwerkern auch die nötigen Arbeitsmaterialien Platz finden. Ein Arbeitsgerüst sollte allerdings niemals von einem Unkundigen, sondern immer von Fachkräften aufgestellt werden, damit die nötige Sicherheit gewährleistet ist. Arbeitsgerüste sind als Stahl- oder Alu-Ausführung erhältlich, die Auswahl des Materials richtet sich nach den örtlichen Bedingungen. - Auslegergerüst
Diese Gerüstart wird es sicherlich nicht mehr lange am Markt geben, denn der Einsatz ist unrentabel geworden. Nur noch selten kommt das Auslegergerüst zum Einsatz – es ist eine Kombination aus Schutz- und Arbeitsgerüst und wird vorrangig beim Rohbau verwendet. Der große Nachteil dieser Gerüstart ist ihr umständlicher Aufbau, der sehr zeitaufwendig ist. Es ist nötig, die Ausleger an der Etagendecke zu befestigen, was wiederum kraftschlüssig sein muss. Hier werden die Beläge angebracht und es entsteht eine Arbeitsfläche. Nach Beendigung der Arbeiten erfolgt der Rückbau des Gerüsts und die Öffnungen, die zur Befestigung im Mauerwerk errichtet wurden, müssen verschlossen werden.
- Baugerüst
Baugerüste gehören auf Baustellen und passen sich in Stabilität und Sicherheit durch verschiedene Ausführungen den örtlichen Gegebenheiten perfekt an. Geht es um Arbeiten an Fassaden oder um Sanierungsarbeiten an Gebäuden, so werden klassische Baugerüste verwendet. Für Arbeiten an einem Rohbau hingegen gibt es Stützen als Gerüste, die verwendet werden müssen, bis die Konstruktion tragfähig genug ist. Für schwere Einsätze ist das Baugerüst aus Stahl die beste Wahl, das vor allem auch im Industrieanlagenbau verwendet wird. Die Belege sind hier ebenfalls aus Metall, weil sie oft mit Chemikalien in Kontakt kommen.
- Dachdeckergerüst
Dachdeckergerüste wurden schon früh als Ersatz für einfache Holzleitern verwendet und bieten eine stabile Arbeitsfläche bei allen ausführenden Tätigkeiten am Dach. Meist sind diese Gerüste aus Aluminium hergestellt und daher entsprechend leicht zu transportieren bzw. auf- und abzubauen. Teilweise muss ein Dachfanggerüst verwendet werden, wenn das normale Dachdeckergerüst baubedingt allein nicht standfest genug ist. Das Dachfanggerüst dient der Sicherung der Handwerker ebenso wie der der Passanten, die dank des Gerüsts nicht von herabfallenden Werkzeugen getroffen werden können. - Dachfanggerüst
Wie bereits erwähnt wird das Dachfanggerüst als Schutzgerüst verwendet und kommt in Kombination mit dem Dachdeckergerüst zum Einsatz. Es wird auf die oberste Ebene des vorhandenen Gerüsts aufgebracht und hier verankert. Charakteristisch ist das Fangnetz, welches alles oben Befindliche vor dem Absturz sichert. Ab einer Arbeitshöhe von drei Metern und einer vorhandenen Dachneigung zwischen 20 bis 60 Grad muss das Dachfanggerüst laut Gesetz angebracht werden. Wichtig ist die regelmäßige Überprüfung des Sicherheitsnetzes auf Beschädigungen. - Fahrgerüst
Sind Arbeiten von zu kurzer Dauer, als dass sich der Auf- und Abbau eines Fassadengerüsts rechnen würde, kommt das Fahrgerüst zum Einsatz. Dieses verfügt über Rollen und ist dementsprechend mobil. Das Fahrgerüst kann je nach Bedarf zum jeweils gewünschten Einsatzort geschoben werden. Damit dieses Schieben leicht möglich ist, besteht das Fahrgerüst aus Aluminium. Gleichzeitig ist es sehr stabil und bietet eine sichere und belastbare Arbeitsfläche. Vor dem Verschieben an einen neuen Standort muss aus Sicherheitsgründen das auf dem Gerüst befindliche Werkzeug weggeräumt werden. Dass beim Schieben auch keine Arbeiter auf dem Gerüst stehen dürfen, ist selbstverständlich. Die erreichbaren Höhen liegen mit dieser Gerüstart bei ca. 10 m. - Fassadengerüst
Das Fassadengerüst gehört zu den ursprünglichsten Gerüstarten und kommt zum Einsatz, wenn ein Gebäude neu gestrichen wird oder wenn Sanierungsarbeiten anfallen. Es handelt sich um ein vergleichsweise einfaches Standgerüst mit kurzer Auf- und Abbauzeit. Rahmen und Beläge können rasch montiert werden, die Arbeitsplattform ist sicher und breit genug, um ein komfortables Arbeiten zu ermöglichen. Fassadengerüste können sowohl aus feuerverzinktem Stahl als auch aus Aluminium gefertigt sein. In der Alu-Ausführung kommt diese Gerüstart vor allem dann zum Einsatz, wenn keine hohen Belastungen nötig werden. Bordbretter und Durchstiege sind für die nötige Sicherheit und Standfestigkeit unverzichtbar. Ein Geländer schützt die Arbeiter zusätzlich vor dem Absturz. - Malergerüst
Auch für Maler kommt teilweise der Punkt, an dem die Leiter nicht mehr ausreichend ist. Dann muss ein Malergerüst her, welches in verschiedenen Ausführungen nutzbar ist. Es kann sich den örtlichen Gegebenheiten durch seine variable Aufbauform perfekt anpassen. Malergerüste sind als Rollgerüste erhältlich, sodass sie jederzeit in einen anderen Arbeitsbereich verschoben werden können. Sie sind stabil und sicher und perfekt für den Inneneinsatz gerüstet. Geht es um die Anwendung im Außenbereich, so wird eher ein Fassadengerüst zum Einsatz kommen.
- Maurergerüst
Ein Maurergerüst richtet sich in seinem Aufbau immer nach den örtlichen Gegebenheiten auf der Baustelle und wird beim Aufbau entsprechend angepasst. Es bietet eine breite Arbeitsfläche, damit Werkzeuge und Materialien abgestellt werden können. Maurergerüste sind meist aus Stahl gefertigt, damit sie eine ausreichende Stabilität bieten, teilweise werden aber auch Modulgerüste verwendet. Ab einer Arbeitshöhe von drei Metern müssen Fanggerüste aufgebaut werden.
Das Maurergerüst kann mit einer Schuttrutsche oder mit weiteren Zubehörteilen kombiniert werden und ist somit für alle Einsatzzwecke des Maurergewerks nutzbar. - Modulgerüst
Modulgerüste werden an Gebäuden eingesetzt, an denen die Fassaden nicht glatt genug sind, um ein normales Standgerüst aufzubauen. Diese Art der Gerüste kann individuell aufgebaut werden und bietet ein hohes Maß an Flexibilität. Die Nachfrage nach Modulgerüsten ist im Steigen begriffen, denn immer neue Bauprojekte fordern die Kreativität der Gerüstbauer. Modulgerüste sind variabel und gerade deshalb bei vielen Gerüstbauunternehmen stark gefragt, denn mit ihnen kann schnell und unkompliziert auf vielfältige Anforderungen reagiert werden. Außerdem lassen sich Modulgerüste leicht lagern und transportieren – zwei weitere Vorteile dieser Gerüstart. - Montagegerüst
Montagegerüste sind für kleine Baumaßnahmen oder Gebäudereparaturen gut geeignet, denn sie sind leicht und flexibel. Montagegerüste können als Stand- oder Fahrgerüste genutzt werden und es ist sogar möglich, sie an Treppen aufzubauen. Die Vertikalrahmen sind voneinander unabhängig aufzubauen und mithilfe der Gerüste lassen sich Treppenabsätze und Stufen überwinden. Meist wird diese Gerüstart aus Aluminium verwendet und es ist möglich, sie ohne weiteres Werkzeug aufzubauen. Gerade Heimwerker nutzen Montagegerüste aufgrund ihrer vielfältigen Vorteile bevorzugt. - Rollgerüst
Ein kleines, stabiles und dennoch flexibles Gerüst wird vor allem für kleinere Arbeiten an Gebäuden benötigt. Dafür ist das Rollgerüst bestens geeignet, zumal es in Höhe und Breite anpassbar ist. Es besitzt Rollen und kann damit einfach in verschiedene Arbeitsbereiche gebracht werden. Dort angekommen, werden die Rollen festgestellt und es ergibt sich ein sicheres Standgerüst. Die Arbeitsfläche muss nach DIN geprüft sein, damit eine ausreichende Sicherheit gegeben ist. Auf- und Abbau dieser Gerüstart sind schnell und unkompliziert möglich, sodass das Rollgerüst auch im privaten Bereich stark gefragt ist. - Traggerüst
Ist ein Neubau oder ein Gebäude, welches saniert wird, noch nicht tragfähig, wird das Traggerüst als Stützkonstruktion eingesetzt. Dieses ist solange vonnöten, bis der Baustoff getrocknet ist. Zu den Traggerüsten zählen Konsolengerüste ebenso wie Hängegerüste oder Auslegegerüste. Ist ein Gebäude zu hoch oder kann ein Gerüst nicht auf dem Untergrund stehen, wird das Hängegerüst verwendet. Für Traggerüste gilt eine EU-Norm, die diese Gerüstart in unterschiedliche Klassen teilt. - Schutzgerüst
Abstürzende Werkzeuge und Baumaterialien gefährden die Passanten einer Baustelle. Das Schutzgerüst soll dies verhindern und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Handwerker, die sich auf dem Gerüst befinden, nicht abstürzen. Das Schutzgerüst wird auch als Fangschutz bezeichnet und ist ab einer bestimmten Bauhöhe sogar gesetzlich vorgeschrieben. Zu den Schutzgerüsten zählt unter anderem das Dachfanggerüst, welches von Dachdeckern verwendet wird. Auch das Schutzdach ist ein Schutzgerüst, es schützt Durchgänge von Passanten unter Baustellen. Dieses muss mindestens 1,5 m breit und 60 cm über dem eigentlichen Gerüst befindlich sein. - Stahlgerüst
Das Stahlgerüst ist das größte und massivste Gerüst und bietet den Vorteil einer extremen Belastbarkeit. Das Eigengewicht ist hoch, daher werden Stahlgerüste in der Regel nur von Fachfirmen aufgestellt. Sie werden vor allem für längere Baumaßnahmen genutzt, denn sie bieten eine sehr hohe Stabilität, punkten außerdem durch ihre hohe Lebensdauer und durch die Widerstandsfähigkeit gegenüber Witterungseinflüssen.
Sicherheit beim Aufbau
Die DIN 4420 regelt die Sicherheitsanforderungen im Gerüstbau, die sich auf den Auf- und Abbau dieser Sicherheitskonstruktionen beziehen. Wichtig: Vor jedem Aufbau müssen sämtliche Gerüstteile auf ihren intakten Zustand überprüft werden. Nur technisch einwandfreie Teile dürfen verbaut werden.
Der Untergrund muss sicher und eben sein, außerdem tragfähig genug für die gesamte Gerüstkonstruktion.
Zudem ist es erforderlich, immer erst eine Ebene fertig aufzubauen, ehe die nächste Ebene begonnen wird.
Rücken- und Stirngeländer sind Schutzvorrichtungen gegen den Absturz der Handwerker und Bauarbeiter. Zusätzlich müssen je nach örtlichen Gegebenheiten Dachfanggerüste ergänzt werden. Bordbretter schützen vor unbeabsichtigt herabfallenden Werkzeugen und Baumaterialien, sie werden direkt an die Belege gebracht. Weitere Schutzvorrichtungen sind Fangnetze und Schutzdächer, die zuvor bereits beschrieben wurden.
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2 Kommentare
Klasse Beitrag, den man nicht besser hätte schreiben können.
Eine Firma renoviert die Fassade meines Hauses. Ich könnte nie an einem Gerüst arbeiten. Mir wird schwindelig und ich finde es wirklich gefährlich.
Sehr beeindruckende Auflistung der verschiedenen Gerüstarten. Vielen Dank für den Beitrag. Ich beschäftige mich gerade viel mit Gerüsten, da wir unser erstes Haus bauen. Besonders spannend fand ich das Dachdeckergerüst inklusive Fangnetz, welches als oberstes angebracht wird. Bald brauchen wir auch so ein Gerüst, um das Dach zu montieren. Vielen Dank für die interessanten Einblicke.